Schon seit einiger Zeit ist Mediaset bei ProSiebenSat.1 investiert. 17,8 Prozent Unternehmensanteile halten die Italiener direkt, durch Finanzkonstrukte sind es noch deutlich mehr. Die Pläne der Italiener sind schon vielen Monaten bekannt, sie wollen eine europäische TV-Allianz schmieden, da soll auch ProSiebenSat.1 mitmachen. Weil man in Unterföhring daran aber kein Interesse hat, blieb es bislang vor allem bei den Plänen - und der Frage, was Mediaset langfristig mit seinen Anteilen am deutschen Medienkonzern eigentlich vorhat.

Lange hielt man bei Mediaset still - damit ist es jetzt aber offenbar vorbei. Wie "Business Insider" am Donnerstag berichtete, will Mediaset-Chef Pier Silvio Berlusconi den Vertrag von ProSiebenSat.1-Boss Rainer Beaujean im nächsten Jahr auslaufen lassen. Darüber hinaus beanspruche der Konzern drei Posten im Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1, diese wolle Berlusconi mit "unabhängigen Experten" besetzen, der er selbst auswählen will. 

Der Zeitpunkt der Ankündigung kommt etwas überraschend, schließlich hat ProSiebenSat.1 erst am Donnerstag starke Quartalszahlen vorgelegt und seine Jahresprognose angehoben. Mediaset geht es aber offensichtlich um die langfristige Perspektive. Dass Mediaset ausgerechnet jetzt ernst macht in Sachen ProSiebenSat.1, ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass man bis Mitte des Jahres selbst noch in einem Streit mit dem französischen Medienkonzern Vivendi lag, was die Pläne für die europäische Fernsehallianz erheblich beschnitt. Dieser Konflikt ist inzwischen aber beigelegt. Pier Silvio Berlusconi erklärte im Mai, man wolle sich nun endlich dem Projekt der länderübergreifenden TV-Allianz widmen. 

Beaujean und Mediaset: Betont lustlos

Und ProSiebenSat.1? Auf die Pläne von Mediaset angesprochen, reagierte man in Unterföhring bislang stets zurückhaltend. So auch an diesem Donnerstag. Da erklärte Rainer Beaujean das, was er schon seit seinem Amtsantritt im März 2020 gebetsmühlenartig erklärt: Es habe bislang keine Gespräche mit Mediaset gegeben, er sei aber offen dafür. Als Beaujean im Sommer dem "Spiegel" ein Interview gab, ging es darin auch um Mediaset. "Für das, was wir machen, brauche ich Europa nicht", so der ProSiebenSat.1-Vorstandssprecher damals. Wenige Wochen davor erklärte er, er könne "keinen Mehrwert" in einer möglichen Fusion mit Mediaset erkennen. "Weder im Programm noch im Produkt." Damals sagte er auch gegenüber DWDL.de: "Um ein Unternehmen zu übernehmen, muss man sich erst einmal die Finanzierung leisten können." Das sieht er bei Mediaset nicht.

Beaujean zeigt sich in Sachen Mediaset auch deshalb so betont lustlos, weil sich die beiden Konzerne nur auf den ersten Blick gleichen. Mediaset ist ein reiner TV-Konzern und damit sehr abhängig von den volatilen Werbeerlösen - das mussten die Italiener erst im Jahr 2020 feststellen, als die Coronakrise auch sie hart traf. ProSiebenSat.1 hat neben dem TV-Geschäft eine Reihe weitere Business-Säulen aufgebaut, so arbeitet man gerade an dem Börsengang der Parship-Meet-Gruppe, durch die man im Dating-Segment stark unterwegs ist. 

Das sagt der Aufsichtsratschef von P7S1

Während sich Beaujean am Donnerstag also erneut nicht relevant zu Mediaset äußerte, konnte er sich auf die Rückendeckung aus dem Aufsichtsrat verlassen. Dessen Vorsitzender Werner Brandt fand deutliche Worte in Bezug auf den Vorstoß der Italiener. "Der Aufsichtsrat unterstützt voll und ganz den Vorstand und die Strategie von ProSiebenSat1. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung des Unternehmens, seitdem Rainer Beaujean mit seinem Team im März 2020 das Unternehmen leitet", so Brandt. 

Es ist davon auszugehen, dass die Kommunikation auf der Achse Unterföhring-Mailand in den kommenden Monaten zunimmt. Der Ausgang jedoch ist völlig offen. Knickt ProSiebenSat.1 doch noch ein und geht eine Allianz mit Mediaset ein? Oder lassen es die Italiener darauf ankommen und bauen den deutschen Medienkonzern 2022 nach eigenen Vorstellungen um? Darüber entscheiden wohl nicht zuletzt auch die vielen Einzelaktionäre, denn die Aktien von ProSiebenSat.1 befindet sich zum überwiegenden Anteil im Streubesitz. Noch gibt es viel Zeit, um die Auseinandersetzungen ohne großen Showdown beizulegen. Die letzte Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 fand erst am 1. Juni dieses Jahres statt.