Julian Reichelts Feldbett ist aus der Chefredaktion verschwunden, seit der bisherige "Welt am Sonntag"-Chefredakteur Johannes Boie vor wenigen Tagen das Ruder bei "Bild" übernommen hat. In der "Süddeutschen Zeitung" hat sich Boie jetzt über seine ersten "Bild"-Tage geäußert. "Was hier passiert ist, hat viele mitgenommen", sagt er mit Blick auf die Verfehlungen seines Vorgängers, die zu dessen Rauswurf geführt hatten. "Einige Kolleginnen und Kollegen haben sich, glaube ich, gefreut, dass ich gekommen bin. Andere sind eher traurig, weil sie gerne mit Julian Reichelt, der als Journalist starke Arbeit gemacht hat, zusammengearbeitet haben. Ich habe für beides Verständnis. Ich hatte ein schönes Willkommen, aber natürlich ist die Stimmung in diesen Tagen gedämpft."
Er selbst mache sich gerade ein Bild über "etwaige Compliance-Meldungen, die es in den letzten Jahren möglicherweise gab und die aktuell noch Auswirkungen haben könnten, emotional wie arbeitspsychologisch", erklärt Johannes Boie. "Ich muss herausfinden, wie die Stimmung ist, welche Sorgen die Leute haben." Dennoch sei "Bild" "weit weniger männerdominiert, als es dargestellt wird", so der neue Chefredakteur, der sich in einer "eher moderierenden, ausgleichenden Rolle" sieht.
Daneben sollen die Redaktionsräume im 16. Stock umgebaut werden, kündigt Johannes Boie in der "Süddeutschen Zeitung" an. "Kulturwandel muss sich auch in der Architektur niederschlagen. Es muss jetzt hier nicht kunterbunt aussehen wie bei Google, aber mehr Offenheit und Transparenz sind wichtig. Die Chefin oder der Chef müssen nicht am Ende des Flurs im größten Büro sitzen."
Vier Punkte hat sich Johannes Boie zum Start vorgenommen: "Erstens: Wir wollen eine Kultur des Respekts stärken. Zweitens: Wir wollen unsere journalistische Exzellenz behaupten. Drittens: Wir werden immer von der Geschichte kommen, Story first. Viertens: Der Boulevard bleibt unser Geschäft." Inhaltlich wünscht er sich, "dass die Leser öfter lachen, wenn sie 'Bild' lesen". Und das erst vor wenigen Wochen gestartete Bild TV? Das sei "unsere größte Chance", findet Boie. "Auch jenseits des linearen Senders - wir haben bereits sehr gutes Video-Material, mit dem wir künftig verstärkt auf unserer Webseite den Bezahlbereich stärken werden." Er selbst werde "selbstverständlich", wie schon sein Vorgänger, auch ins Fernsehen zu Bild TV gehen.