"Er [Julian Reichelt, Anm.] ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehrt." Fast alle anderen seien zu "Propaganda Assistenten geworden". Das hat Springer-CEO Mathias Döpfner in einer SMS an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre geschrieben. Die Aussage von Döpfner, der gleichzeitig auch Chef des Verleger-Verbands BDZV ist, ist bemerkenswert - offenbart sie doch eine ziemlich seltsame Sicht auf die Dinge.
Während sich der BDZV wie so oft versucht wegzuducken und lieber gar nichts über den eigenen Präsidenten sagen will, hat sich Axel Springer nun zu der SMS, deren Echtheit man gar nicht bestreitet, geäußert. Für Döpfner sei Deutschland keine zweite DDR, hieß es nun vom Unternehmen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Das wäre komplett absurd und sollte für jeden offenkundig sein, der den publizistischen Äußerungen von Döpfner folgt."
Dieses Statement von Springer ist in gewisser Weise ein Schuss ins eigene Knie. Denn wenn man Döpfners Äußerungen in den vergangenen Jahren gefolgt ist, kann man durchaus das Bild eines Mannes erkennen, der sich einer mitunter martialischen Sprache bedient - und hier und da auch die Wahrheit biegt. Dass es für viele Beobachter eben nicht "absurd" erscheint, dass Döpfner solche Aussagen tätigt, zeigt, welches Image der Springer-CEO hat. Zum aktuellen Fall heißt es von Springer, es gebe in privaten Dialogen Mittel der Ironie und bewussten Übertreibung. Döpfner, der mit rund 20 Prozent übrigens auch Großaktionär bei Springer ist und alleine schon deshalb nicht so einfach entlassen werden kann wie "Bild"-Chef Julian Reichelt, habe sich absichtlich sehr überspitzt geäußert.
Vom Finanzinvestor KKR, der fast die Hälfte an Springer hält, gibt es derweil kein aktuelles Statement zu Mathias Döpfner und dessen Aussagen. Das "Manager Magazin" zitiert Philipp Freise, Co-Chef für Private Equity in Europa bei KKR, mit den Worten: "Er hat eine fantastische Erfolgsgeschichte geschaffen." Döpfner sei ein "außergewöhnlicher Unternehmer und großartiger Visionär". Das Interview wurde aber vor dem Rauswurf von Reichelt infolge der neuen Vorwürfe geführt. Zusätzliche Nachfragen, die man beim "Manager Magazin" im Nachgang verständlicherweise hatte, wollte KKR nicht beantworten.
Bei der "Bild" kehrt unterdessen wieder so etwas wie Normalität ein. Am Dienstag hat sich Johannes Boie, neuer Vorsitzender der dreiköpfigen Chefredaktion, gemeinsam mit Mathias Döpfner in der Redaktion vorgestellt. Medien wie Reuters, aber auch "Medieninsider" berichten, dass Boie erklärt habe, es gehe jetzt darum, wieder mehr Schlagzeilen zu machen als selbst Schlagzeile zu sein. Am Abend verkündete Springer dann auch noch den Abschluss der "Politico"-Übernahme. Ende August hatte man angekündigt, die Plattform komplett übernehmen zu wollen, nun ist der Deal also vollzogen.