Sport-Dokus sind derzeit voll im Trend. Alleine bei Prime Video gibt es mit "All or Nothing" eine Reihe, in der gleich mehrere Sportarten und Vereine begleitet werden. Mit "Inside Borussia Dortmund" gab es dort auch bereits eine Doku über den BVB. Ab dem 2. November veröffentlicht der Streamingdienst mit "FC Bayern - Behind the Legend" eine neue Doku-Serie, in der man sich mit dem deutschen Rekordmeister beschäftigt.
Die beiden Regisseure Simon Verhoeven und Nepomuk Fischer haben die Bayern seit dem Champions-League-Turnier 2020 in Lissabon begleitet, bei dem die Bayern am Ende sogar als Sieger hervorgegangen waren. Im Fokus steht aber die Saison 2020/21, die, im Gegensatz zur Vorsaison, mehr Höhen und Tiefen hatte. Darüber hinaus blickt man auch in die Vergangenheit des Vereins, der in Deutschland oft umstritten, aber eben doch der zugkräftigste überhaupt ist.
Für den Verein sei die Doku ein "riesengroßer Schritt" gewesen, erklärte Stefan Mennerich, Direktor Medien, Digital & Kommunikation der FC Bayern München AG, bei der Vorstellung des Formats vor Journalistinnen und Journalisten. Es habe immer wieder entsprechende Angebote gegeben, teilweise auch solche, die finanziell sehr lukrativ gewesen seien. Man habe in der Vergangenheit aber immer abgelehnt. Für Amazon haben sich die Bayern nun geöffnet und einen Blick hinter die Kulissen gewährt, sowohl in die Kabine, als auch in die Vorstandsetage.
"Ich war überrascht, wie viel die Bayern möglich gemacht haben."
Regisseur Simon Verhoeven
"Der Globus dreht sich weiter und die Medienwelt hat sich verändert", sagt Mennerich. Die Avancen von Sendern bzw. Plattformen seien heftiger geworden - und irgendwann habe man auch die eigenen Vorteile erkannt. Durch eine solche Doku könne der Verein seine Reichweite steigern, bestimmte Zielgruppen erreichen und die Strahlkraft der eigenen Marke ausbauen. "Der Fußball ist so international geworden, dass wir auch in anderen Ländern um Fans kämpfen", sagt Bayern oberster Kommunikator. Und dabei soll nun eben auch die Amazon-Doku helfen. Für das Projekt hat der Verein mit der gesamten Mannschaft gesprochen, weil es wichtig sei, dass alle Beteiligten hier zu 100 Prozent dahinter stehen würden, waren sich am Dienstag alle einig.
Wie unverstellt ist der Blick auf die Bayern?
Dennoch stellt sich natürlich ganz unweigerlich die Frage, inwiefern "FC Bayern - Behind the Legend" einfach nur die nächste PR-Produktion eines großen Fußballvereins ist - so wie es auch schon "Inside Borussia Dortmund" war. Die Verantwortlichen versuchen diese Bedenken vor der Veröffentlichung zu zerstreuen. Quirin Berg, der mit W&B Television als Produzent hinter der Doku-Serie steht, sagt, auch für Fans von anderen Vereinen und sogar für fußballuninteressierte Menschen sei die Doku spannend. Man werde durch sie elektrisiert und begreife, was den Sport so großartig mache.
Die Zusammenarbeit mit dem Verein sei "vertrauensvoll" gewesen, sagt Berg. Wenn es Kritik gegeben habe, seien vom Verein keine Verbote gekommen, bestimmte Dinge nicht zu zeigen. Es habe sich dabei stets um handfeste Kritik gehandelt, die die Doku am Ende besser gemacht hätte. "Wir konnten ziemlich viel machen", sagt Nepomuk Fischer, der als Kameramann immer am nächsten an allen Beteiligten dran war. Teilweise sei er auch überrascht gewesen von den Freiheiten, die er gehabt habe. Durch Corona musste er mit dem Bayern-Team in einer Bubble leben, darin waren neben ihm und den Spielern auch das Trainerteam, Physios und andere Personen. W&B Television als Produktionsfirma habe wegen ihres "cineastischen Ansatzes" ausgewählt, erklärte zudem Prime-Video-Chef Christoph Schneider.
"Ich wollte nicht unsichtbar werden, sondern Teil der Gruppe", beschreibt Fischer seine Funktion als Kameramann. Von Januar bis zum Ende der Saison sei er jeden Tag vor Ort gewesen. Vor allem zu Beginn habe er viel aus der Ferne beobachtet und nicht viele Fragen gestellt, um Vertrauen aufzubauen. Damals sei es mehr um das Zuhören gegangen. "Man muss den Leuten auch Raum" geben, so der Kameramann und Regisseur über die Tatsache, dass er die Kamera teilweise auch bewusst ausgeschaltet habe.
Kamera bei Besprechungen des Vorstands dabei
Simon Verhoeven schlägt in ein ähnliches Horn. Zu Beginn sei die Frage gewesen, wie dick die Mauern beim Verein wirklich sind. "Ich war dann aber überrascht, wie viel die Bayern möglich gemacht haben." Verhoeven spricht von "Mut", den der Verein gehabt habe - und speziell auch Vorstandsboss Oliver Kahn. Überrascht sei er gewesen, wie offen Kahn über den Etat und die finanzielle Situation allgemein gesprochen habe, teilweise ging es auch um Gehaltserhöhungen bei einzelnen Spielern. Auch Scherze von Sportvorstand Hasan Salihamidžić über BVB-Stürmer Erling Haaland hätten ihn überrascht, sagt Verhoeven.
Ob "FC Bayern - Behind the Legend" am Ende aber tatsächlich mehr ist als eine nette PR-Nummer, bei der die Zuschauerinnen und Zuschauer immer das Gefühl haben, die Medienabteilung des Vereins hatte hier seine Hand drauf, wird sich erst zeigen müssen. Das ist wohl erst komplett zu beurteilen, wenn alle Folgen veröffentlicht sind. Aber Nepomuk Fischer sagt auch: "Wir haben keinen journalistisch investigativen Anspruch. Wir wollen die Menschen erzählen und zeigen, was sie antreibt." Simon Verhoeven ergänzt, dass man keinen Boulevardjournalismus betreibe. Wenn die Spieler Privatgespräche führten, sei es nicht darum gegangen, sie auszuhorchen. Vielleicht ist das auch der Grund, wieso die Doku bei den Spielern nach Angaben von Stefan Mennerich "super angekommen" ist. Nun müssen nur noch die Kundinnen und Kunden von Amazon Feuer und Flamme für die Bayern-Doku werden.
"FC Bayern - Behind the Legend" ist ab dem 2. November bei Amazon Prime Video verfügbar.