Weil das NDR-Medienmagazin "Zapp" dem Chef der "Bild"-Zeitung, Julian Reichelt, kritische Fragen stellte, redete dieser sich live beim eigenen Fernsehsender in Rage. Er habe eine Anfrage bekommen von "Zapp", weil man darüber berichten wolle wie "Bild" nun berichtet. Dazu muss man wissen, dass das Blatt von Reichelt im Flutgebiet notdürftig extra ein eigenes Büro eingerichtet hat, damit auch jeder vor Ort versteht, dass 'Bild' dafür da ist, um nah am Menschen zu berichten.

Doch genau die Arbeit der Reporterinnen und Reporter von "Bild" ist Teil der kritischen Nachfrage des Medienmagazins, die inzwischen öffentlich gemacht wurde. Darin heißt es: "Wie Sie wissen, konnten wir mit Ihren Kollegen nicht über deren Berichterstattung vor der Kamera sprechen. In Gesprächen mit den Menschen kam aber Kritik an der 'Bild' – wie folgt: Wenn man sich nur die Überschriften anschaut, dann geht es immer darum, dass irgendwelche Stellen versagt hätten." Damit würde "Bild" ein Narrativ von rechten Kreisen bedienen. Diese Sätze beziehen sich auf die Aussage eines Lehrers aus dem Ahrtal, der die Arbeit der 'Bild' somit öffentlich kritisierte.

Die Bitte um ein Statement zu dieser Aussage und eine Auskunft, wie viele Menschen im Ahrtaler "Bild"-Büro arbeiten, führte zu Reichelts Zorn: Live On Air sagte er, dass "Zapp" natürlich keinen regierungskritischen Journalismus möge. Vielmehr hätten es sich seine öffentlich-rechtlichen Freunde zur Aufgabe gemacht, "besonders regierungstreu" zu berichten, erklärte Reichelt. "Natürlich möchte man bei 'Zapp' lieber, dass gefeiert wird, was die Regierung sagt, dass für richtig erklärt wird, was die Regierung sagt, wie es viel zu oft im öffentlich-rechtlichen Fernsehen passiert." Online schreib "Bild": "NDR würtet gegen Flutreportagen von 'Bild'". In der Redaktion des Blattes sah man in der Anfrage an den Verlag "keinen Zweifel an der Stoßrichtung des TV-Beitrags." Es sei, so schreibt "Bild", eine "durchsichtige öffentlich-rechtliche Medienschelte der privaten Konkurrenz. Ohne Substanz, dafür mit Ansage".

Reichelt ging auch noch weiter und meinte, einen Grund gefunden zu haben, warum sich Menschen sich "so oft" vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen abwenden würden, also jenen Programmen, die Abend für Abend die höchsten TV-Reichweiten des Landes verzeichnen. "Sobald sie eine kritische Meinung haben, sobald sie regierungskritisch sind, sobald sie sich kritisch darüber äußern, dass die Politik sich nicht um sie kümmert, nachdem ihr Leben vernichtet und ausgelöscht und weggespült worden ist, werden sie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als Rechte und als Querdenker diffamiert", meinte der "Bild"-Chef.

Inzwischen hat sich "Zapp"-Redaktionsleiterin Annette Leiterer in einem Kommentar geäußert und Reichelt unter anderem "viele Falschaussagen" vorgeworfen. Sie schrieb unter anderem auf den Vorwurf, "Zapp" würde keinen regierungskritischen Journalismus mögen: "Als Medienmagazin berichten wir – oh Wunder – viel über Medien, nicht immer über Regierungshandeln. Aber die Regierung kommt vor, auch bei uns. Da geht es dann zum Beispiel um Versuche der Einflussnahme der Politik auf Medien oder um Regierungs-PR, die als Journalismus daher kommt." Erstaunt zeigte sich Leiterer auch darüber, dass sich Reichelt schon über das Medienmagazin aufregte, ehe er den fertigen Beitrag überhaupt kenne. Denn dieser war zum Zeitpunkt der Anfrage gar nicht fertig. Leiterer schließt daraus, dass Reichelt angesichts seiner Aufregung getroffen scheint.



In der Tat lässt "Bild" derzeit kaum eine Möglichkeit aus, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kritisieren. Erst vor einer Woche etwa hieß es, ARD und ZDF würden Stimmung machen gegen "unser Wahlrecht". Andererseits aber bediente sich Bild Live am Abend der Bundestagswahl einfach am Programm der öffentlich-rechtlichen Sender – etwa direkt um 18 Uhr zu den ersten Prognosen der Bundestagswahl und später auch während der viel beachteten "Berliner Runde" mit den Parteichefs.

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