Die Verwunderung war groß, als bei ARD und ZDF die Runde machte, dass Bild am Sonntagabend fast eine Viertelstunde die "Berliner Runde" von den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern parallel ausstrahlte. Sowohl ARD als auch ZDF betonten, dass die Übernahme des Programms ohne Absprache erfolgt sei. Zugleich kündigten sie an, wegen des Vorgangs rechtliche Schritte zu prüfen.
Bis zum frühen Nachmittag dauerte es, bis sich der Springer-Verlag zu Wort meldete und seine Sicht der Dinge offenlegte. "Die Bundestagswahl war ein zeithistorischer Moment. Wir haben im Rahmen unserer aktuellen Wahlberichterstattung die stark unterschiedlichen Prognosen mit klarem Quellenhinweis live zitiert und ausgewählte Sequenzen aus der 'Berliner Runde' übernommen und für unsere Zuschauer eingeordnet", erklärte ein Springer-Sprecher gegenüber DWDL.de.
Bei dem Gesprächsformat handle es sich um "ein nachrichtliches Ereignis von überragender Bedeutung, das von ARD und ZDF als gebührenfinanzierter Rundfunk zentral veranstaltet wird, aber auch für Menschen relevant ist, die sich am Wahlabend auf anderem Wege informieren möchten", so die Meinung des Verlags, der den Bild-Sender erst vor wenigen Wochen gestartet hat.
Der Sprecher äußerte sich auch zu möglichen Nachzahlungen, die auf Springer wegen der minutenlangen Übernahme des Sendesignals zukommen könnten. "Falls sich aus der Übernahme seitens Bild Ansprüche von ARD und ZDF ergeben sollten, sind wir gerne bereit, diese zu begleichen", so der Sprecher weiter. "Wir würden dann allerdings davon ausgehen, dass ARD und ZDF Leistungsschutzrechte auch gegenüber den GAFA-Plattformen in gleicher Konsequenz geltend machen." Gemeint sind die Plattformen von US-Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple. Dass das passiert, ist aber eher unwahrscheinlich. Wenn die Sendungen von ARD und ZDF auch beispielsweise bei Facebook gelaufen sind, dann ja nur, weil die Sender sie dort verfügbar gemacht haben. Die US-Unternehmen haben die Sendesignale der Öffentlich-Rechtlichen jedenfalls nicht ungefragt übernommen - ganz im Gegensatz zu Bild.
Bild hatte am Wahlabend übrigens nicht nur Teile der "Berliner Runde" übernommen, sondern - in Ermangelung eigener Zahlen - um 18 Uhr zunächst parallel die ersten Prognosen von ARD und ZDF in einem Splitscreen eingeblendet und kommentiert.