Ende der vergangenen Woche ist die jüngste Auflage des Innovationswettbewerb MDR Next zu Ende gegangen. Seit 2019 können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses in diesem Programm Ideen für Projekte vorgeschlagen. Gewonnen haben nun ein Nachrichtenformat mit Gaming-Avataren ("WozUp") und ein interaktives Science-Fiction-Hörspiel ("Einsteins Mission to Mars"), das an die Kika-Serie "Schloss Einstein" anknüpft. Sie werden nun zu digitalen Angeboten für die junge Zielgruppe weiterentwickelt.
Bei einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten hat die MDR-Führung rund um Intendantin Karola Wille sowie den beiden Programmdirektoren Jana Brandt (Halle) und Klaus Brinkbäumer (Leipzig) aber auch erklärt, was MDR Next neben den einzelnen Formaten noch leisten soll - und zwar in den gesamten Sender hinein. Dabei gaben sich die drei Führungskräfte durchaus selbstkritisch. "Wir merken, dass wir auf dem klassischen linearen Weg immer weniger 14- bis 49-Jährige erreichen", sagte Karola Wille und meinte damit auch die 40-Jährigen, die in der Vergangenheit vielleicht eher dazu geneigt waren, das MDR Fernsehen einzuschalten als ein Teenager oder junger Erwachsener.
Und auch woanders hat die MDR-Führung Schwächen ausgemacht. "Online erreichen wir vorwiegend unsere linearen Stammnutzer", so Wille, die sich damit nicht begnügen will. "Wir wollen sämtliche Bevölkerungsschichten und Altersklassen erreichen." So steht es übrigens auch im neuen MDR-Staatsvertrag, der MDR muss alle Bevölkerungsschichten erreichen - oder es zumindest versuchen. Wille: "Der nächste Transformationsschritt wird für uns daher eine große Herausforderung."
Alles wird ausgerichtet auf non-linear und mobil
Doch die Dreiländeranstalt ist gewillt, diesen Weg zu gehen. Unter dem Motto "MDR für alle" hat die Führung drei Ziele zusammengefasst. So will man jünger werden, ohne die älteren Zuschauerinnen und Zuschauer zu verlieren. Dann will der MDR mehr Bevölkerungsschichten in der Mitte der Gesellschaft erreichen - allen voran Familien, die der Sender zuletzt vernachlässigt und dadurch verloren hatte. Und dann will man auch noch digitaler werden. "Wir müssen digitaler werden. Daher werden wir unsere Angebote, Ressourcen und Prozesse konsequent an der non-linearen und mobilen Nutzung ausrichten", so MDR-Chefin Wille.
Diesen Weg haben schon andere ARD-Anstalten eingeschlagen. Der Hessische Rundfunk etwa entwickelt lineare Formate nur noch für die Zeit zwischen 16 und 20 Uhr, für die Hauptsendezeit gilt die Marschrichtung, dass die Redaktionen vor allem Formate für die Mediathek entwickeln sollen. Linear erfolgt dann nur noch eine Zweitverwertung. An anderer Stelle hatte die ARD bereits angekündigt, Serien immer zuerst online zeigen zu wollen. Ganz so konkret wie die Kollegen in Hessen will man sich beim MDR noch nicht äußern, doch die neue Strategie gleicht auch hier einem Paradigmenwechsel.
Drei inhaltliche Offensiven
Konkret haben Wille, Brandt und Brinkbäumer drei inhaltliche Offensiven angekündigt. So will man die regionale Information stärken, mehr Kulturinhalte entwickeln, gerade auch für das junge Publikum, und das fiktionale sowie dokumentarische Erzählen soll weiterentwickelt werden - davon wird dann auch die ARD-Mediathek profitieren. Perspektivisch will der MDR mehr in Doku-Serien investieren - da greift der Sender einen aktuell sehr starken Trend auf. In der regionalen Information sollen die verschiedenen Redaktionen an den unterschiedlichen Standorten künftig besser zusammenarbeiten, um Formate gemeinsam zu entwickeln und umzusetzen. Und beim Thema Kultur sagt Karola Wille ganz offen: "Wir müssen dazu lernen, wenn es um moderne und junge Kultur geht. Das ist anspruchsvoll, aber die Kultur ist ein generationsübergreifendes Thema. Hier wollen wir stärker werden."
Und nun soll quasi das, was man seit rund zwei Jahren mit MDR Next im kleinen für einzelne Programme macht, auf das gesamte Unternehmen übertragen werden. Das kleine fünfköpfige Team wird in den Veränderungsprozess des Hauses integriert und dabei mit seinem Know-How eine zentrale Rolle spielen. Aus einem Labor für innovative Formate wird also eine Einheit, die den gesamten Sender verändern soll. Und glaubt man den Verantwortlichen, könnten die Voraussetzungen dafür nicht besser sein. "MDR Next hat den Weg für einen kulturellen Wandel bereitet", sagt Klaus Brinkbäumer bereits heute. In vielen Unternehmen seien Innovations-Einheiten abgegrenzt von den anderen Abteilungen, im MDR will man das anders machen. Wie gut das tatsächlich in der Umsetzung funktioniert, wird sich freilich erst noch zeigen müssen.