Nun ist also klar, was schon seit Februar im Raum stand: Bertelsmann führt RTL Deutschland und Gruner + Jahr zusammen, genauer gesagt: RTL Deutschland übernimmt Gruner + Jahr. Und Konzernchef Thomas Rabe machte am Morgen im Journalisten-Call auch nochmal deutlich, dass es in seinen Augen kaum eine andere sinnvolle Option für Gruner + Jahr gegeben hätte. Er bezifferte den strukturellen Rückgang im Print-Geschäft auf sechs Prozent im Jahr - und es gebe aus seiner Sicht auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich das ändere. Dies könne man teils durch Wachstum im Digitalen ausgleichen, aber letztlich hätte man den Rückgang jedes Jahr durch weitere Kostensenkungen ausgleichen müssen, so Rabe.
Durch die Kombination von RTL und Gruner + Jahr sieht Rabe nun hingegen deutliche Wachstumsmöglichkeiten für das kombinierte Unternehmen, Rabe spricht von "leichter Euphorie", die ihn beim Blick auf den Zusammenschluss ergreife. 100 Millionen Euro an Synergien will er durch den Zusammenschluss im Jahr heben, drei Viertel davon sollen steigende Umsätze sein, nur ein Viertel - also 25 Millionen Euro im Jahr - durch Kosteneinsparungen zusammenkommen. Es werde dementsprechend durch den Abbau von Doppelstrukturen auch zu einem Personalabbau kommen, dieser stehe aber nicht im Vordergrund, so Rabe. Quantifizieren wollte er den Abbau dementsprechend auch nicht.
Im Unklaren bleibt vorerst auch, wer das Unternehmen nach Abschluss der Übernahme Anfang 2022 eigentlich führen wird. Da RTL Deutschland das Magazin-Geschäft von Gruner + Jahr übernimmt, läge erstmal nahe, dass Bernd Reichart auch automatisch an die Spitze rückt - ein explizites Bekenntnis zu Reichart gab es von Rabe aber nicht. Er ließ vielmehr wissen, dass diese Frage trotz zahlreicher Spekulationen in den Medien "bislang nicht im Vordergrund" stand. Auch ob es beispielsweise zu einer Doppelspitze kommen könnte, sei noch nicht geklärt. In jedem Fall werde man die beiden Management-Teams zu einem zusammenführen, das Gesamt-Unternehmen wird also nicht einfach von der bisherigen RTL-Spitze geführt. Unter Zeitdruck sieht Rabe, der auch weiterhin Bertelsmann und die RTL Group in Personalunion führen will, sich da auch nicht, noch seien schließlich fünf Monate Zeit bis zum Abschluss der Transaktion.
Die Mitarbeitenden von Gruner + Jahr in Hamburg wollte Rabe unterdessen beruhigen: Zwar werde man Redaktionen von RTL und G+J organisatorisch zusammenführen, all die, die bislang in Hamburg sitzen, verbleiben aber auch künftig dort. Rund 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gruner + Jahr sind insgesamt von der Übernahme betroffen, darunter rund 800 Journalistinnen und Journalisten. Dass man die erhofften Synergien nur heben kann, wenn es eine weitgehende Zusammenarbeit - die man aber ja auch beispielsweise über Videocalls bewerkstelligen kann - ist aber auch klar. Wie die genauen Redaktionsstrukturen aussehen, ist unterdessen noch offen, man wolle keine "Super-Redaktion", sondern gattungsübergreifende Ressorts schaffen und am Chefredakteursprinzip zudem weiter festhalten.
Wie gut all das insbesondere bei den Gruner+Jahr-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen wird, dürfte nun maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung abhängen, die vorerst noch nebulös bleibt. Rabe verweist aber darauf, dass die Kombination für Journalistinnen und Journalisten eine "phänomenale Erweiterung ihrer Möglichkeiten" mit sich bringe, also etwa die Ausspielung ihrer Recherche-Ergebnisse über unterschiedlichste Plattformen. "Ich fände das ausgesprochen motivierend", so Rabe, der ohnehin von einer "überwältigenden Zustimmung für das Vorhaben" bei Management und Belegschaft berichtet. Dass Gruner + Jahr de facto nun zu einer Tochter von RTL wird, dürfte für viele langjährige Gruner-Leute trotzdem eine bittere Pille sein, auch wenn der Markenname G+J erhalten bleibt.