Vor drei Jahren forderten viele Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren im Rahmen der Initiative Kontrakt 18 mehr Mitbestimmungsrecht bei der Entstehung von Filmen und Serien (DWDL.de berichtete). Mit dem, was bisher bei der ARD passiert ist, sind die AutorInnen in diesem Land aber offenbar so gar nicht zufrieden. VDD und Kontrakt 18 haben sich nun zusammengetan und einen scharfen Offenen Brief an ARD-Programmdirektorin Christine Strobl formuliert.
In dem Schreiben sparen die Autorinnen und Autoren nicht mit Kritik. Die 2018 aufgestellten Forderungen von Kontrakt 18 seien "weder anmaßend noch revolutionär" gewesen. "Es ging den Initiatorinnen und Initiatoren lediglich darum, unzeitgemäße Arbeitsbedingungen und -prozesse den international gängigen Standards anzupassen." Doch die DrehbuchautorInnen ziehen ein bitteres Fazit: "Leider hat man in den entscheidenden ARD-Gremien den Schuss bis heute nicht gehört."
Die an Kontrakt 18 orientierten "ARD/Degeto-Leitlinien zur Zusammenarbeit mit Drehbuchautor/innen" würden sich in "blumigen Absichtserklärungen" erschöpfen und werden bei Vertragsverhandlungen regelmäßig unterlaufen, so die Kritik. "Sender Ihres Verbunds und deren Auftragsproduzenten – allen voran die Degeto – verweigern einem Großteil der Autorinnen und Autoren die K18 Punkte, aber auch Vertragsklauseln, die sich an den ‘Leitlinien’ orientieren." Die Leitlinien seien substanzlos und unverbindlich.
In Deutschland hinke man damit international gängigen Standards hinterher, kritisieren die Autorinnen und Autoren. Die InitiatorInnen des Offenen Briefs stellen der ARD im Vergleich zu den global agierenden Streamindiensten ein schlechtes Zeugnis aus. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten hätten im Vergleich zu den globalen Playern noch nicht erkannt, welche große Chancen darin liegen würden, dem kreativen Potenzial der Kreativen zu vertrauen.
Als ein weiteres Negativ-Beispiel ("Rückständigkeit der ARD") in Sachen Wertschätzung führen die InitiatorInnen Vor- und Abspänne bei ARD-Produktionen an. "Während Kontrakt 18 und der Verband Deutscher Drehbuchautoren einen aktuellen und sehr differenzierten Katalog zu den neuen Berufsbildern und Aufgaben von Autorinnen und Autoren und Creatorinnen und Creatoren ausgearbeitet haben, orientiert sich die ARD noch an Standards aus dem rein linearen Fernsehzeitalter", kritisieren die AutorInnen.
ARD verspricht Antwort innerhalb der Frist
VDD und Kontrakt 18 fordern in ihrem gemeinsamen Schreiben nun, die Leitlinien verbindlich zu machen. Dazu wollen sie einen Text-Vorschlag erarbeiten und diese Vorschläge auch zum Gegenstand der Verhandlungen über die Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) machen. Dazu setzen die Autorinnen und Autoren Strobl nun auch eine Deadline. Die ARD-Programmdirektorin soll bis zum 15. Juli auf den Offenen Brief antworten und erklären, wie sie eine Rechtsverbindlichkeit schaffen will. "Mit Mentalitäten und Mechanismen, die noch im vorherigen Jahrhundert wurzeln, wird die ARD im oft bemühten ‘Kampf um die Kreativen’ definitiv den Kürzeren ziehen", zeigen sich die AutorInnen sicher.
Was allerdings passiert, sollte die ARD den Forderungen nicht nachkommen, bleibt einstweilen unklar. "Wir sind zuversichtlich, dass wir eine qualifizierte Antwort bekommen", sagt Dorothee Schön für den VDD gegenüber dem "Tagesspiegel". "Je nachdem, wie sie ausfällt, werden sich Kontrakt 18 und VDD gemeinsam überlegen, wie man damit umgeht." Sie sieht nun den Ball bei der ARD und Strobl liegen. Ein Sprecher des Ersten erklärte gegenüber der Zeitung, dass es innerhalb der gesetzten Frist eine Antwort geben werde. Zu den Vorwürfen des Offenen Briefs äußerte sich die ARD bislang noch nicht.