Dass die Privaten für ihre Informationsoffensive zuletzt verstärkt Personal der Öffentlich-Rechtlichen abgeworben hatten – Jan Hofer wird bald bei RTL ein Nachrichten-Format präsentieren, Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel moderieren ein Magazin bei ProSieben – beobachte man zwar, sei aber nicht beunruhigt, so der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow. Es habe schon immer Zu- und Abwanderung gegeben, das sei insoweit nichts ungewöhnliches. Man selbst etwa habe gerade Esther Sedlaczek von Sky zur "Sportschau" geholt.
Dass durch die Stärkung des Info-Bereichs in diesem Punkt der ARD auch neue Konkurrenz erwächst, sieht Buhrow ebenfalls gelassen. "Wir sehen uns bestätigt in dem, was wir schon immer machen." Er habe schon in der Vergangenheit nicht schlecht über die Privaten gesprochen und tue das auch jetzt nicht. Allgemein zeige es, dass das duale System funktioniere und gut sei. "Wir berfruchten uns gegenseitig", so Buhrow.
Emotionaler wurde er da beim Pressegespräch am Donnerstagvormittag schon, als das Thema #allesdichtmachen an der Reihe war. Zunächt mal: Beruflichen Konsequenzen fürchten müssen die Schauspieler, die sich an der umstrittenen Aktion beteiligt hatten, nicht. Darunter waren beispielsweise etliche "Tatort"-Stars. Die ARD suche nicht den Kontakt und sehe auch keinen Grund, hier von einer weiteren Zusammenarbeit abzusehen, auch wenn an der Aktion "fraglos nicht alles gelungen war", wie es der scheidende Programmdirektor Volker Herres formulierte.
Kritik gab's aber an den Reaktionen auf die Videos, Herres bezeichnete sie als "teils übertrieben", Tom Buhrow sagte, er sei "beunruhigt über die Gereiztheit", mit der heute auf andere Meinungen reagiert werde. Dabei werde häufig das Ziel verfolgt, die Position des anderen zu "vernichten". Verschiedene Meinungen gehörten aber dazu, zur Demokratie, zu Freundschaften, auch in Familien.
Trending Topic in der ARD-Debatte: "Flexibilisierung"
Ansonsten ist das große Thema für die ARD in diesem Jahr die Diskussion über die eigene Zukunft und die Neu-Formulierung des Auftrags der Öffentlich-Rechtlichen. Dabei steht weiterhin vor allem ein Wort im Zentrum: "Flexibilisierung". Nachdem Tom Buhrow die Forderung, dass die Sendeanstalten gemeinsam mit ihren Gremien selbst entscheiden sollten, wann lineare Spartenkanäle womöglich keinen Sinn mehr ergeben würden und man die Inhalte besser gleich direkt für die Mediatheken produziere, aufgestellt hatte, gab es bekanntlich Zuspruch aus der Medienpolitik.
Buhrow betonte nun noch einmal, dass man das innerhalb der ARD für ein Instrument halte, das "Reformen beschleunigen und ermöglichen" könne. Eine bedeutendere Position als bislang würden dabei den Aufsichtsgremien der ARD zukommen, mit denen die Entscheidungen abgestimmt werden müssten – und gegenüber denen die Sender für ihre eigenen Entscheidungen dann dementsprechend auch Rechenschaft ablegen müssten.
Andreas Meyer-Lauber, der den schönen Titel Vorsitzender der Konferenz der Gremienvorsitzenden trägit, bezeichnete eine Flexibilisierung denn auch ebenfalls als „chancenreich“, weil man damit besser auf sich schneller ändernde Bedürfnisse der Zuschauer reagieren könne. Bislang wird jeder Sender durch die Politik einzeln beauftragt – und kann dementsprechend auch nur durch die Politik wieder abgeschafft werden. Zu welchen Auswüchsen das führen kann, zeigte in der Vergangenheit das Beispiel ZDFkultur. Ob diese Modernisierung dazu führt, dass der öffentlich-rechtliche Apparat letztlich billiger wird, wie das ja vielfach auch in der Medienpolitik erwartet wird, ist alelrdings unklar. Von den angesprochenen Aufsichtsgremien sollte man nicht erwarten, dass sie zuallererst auf Sparpotentiale drängen: Vor diesen Karren wolle man sich nicht spannen lassen, so Meyer-Lauber. Nötig sei eine ehrliche Diskussion über den Auftrag, aber ohne das vorgegebene Ziel, die Kosten zu senken. Aus seiner Sicht sei ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk wichtiger denn je.