Im vergangenen Jahr hat der NDR ein massives Sparprogramm angekündigt. 300 Millionen Euro will man über den Zeitraum von vier Jahren einsparen. Und auch wenn man das Programm weitgehend unangetastet lassen will, klappt das in einer solchen Größenordnung natürlich nicht vollständig. Schon damals wurde bekannt, dass es künftig weniger "Tatort", Unterhaltungsshows und Fernsehspiele des NDR geben wird. In einem Interview mit der "FAZ" hat sich NDR-Intendant Joachim Knuth nun noch einmal ausführlich zum laufenden Sparprogramm geäußert.
Das Sparpaket sei eine "große Herausforderung für alle Bereiche", sagt Knuth. Man habe mit Arbeitnehmervertretungen, Aufsichtsgremien und leitenden Mitarbeitern über Konsequenzen des Vorhabens gesprochen. "Es gab natürlich Einwände und Kritik. Ich habe von vornherein klargemacht, dass ich das Programm so weit es geht schützen will. Und dass wir die Kraft brauchen, zu priorisieren, und dafür Kriterien aufstellen müssen." Man habe alle Bereicher der Produktion sowie der Verwaltung durchleuchtet und auch Investitionen und das Immobilienmanagement analysiert. Auch ein Stellenabbau ist beschlossen worden.
"Die große Herausforderung besteht darin, unsere digitalen Angebote und deren Verbreitung schnell auszubauen, aber unsere linearen Programme nicht zu vernachlässigen", sagt Knuth, der nach eigenen Angaben verhindern will, was es dem NDR gehe wie Buridans Esel, "der zwischen zwei Heuhaufen verhungert" ist, weil er sich für keinen entscheiden konnte. "Wir müssen also [...] sicherstellen, dass wir an beide rangehen und langfristig aus zwei einen Heuhaufen machen – in der Mitte." Bei der Priorisierung sei die Zustimmung relativ groß, "aber wenn es um die konkrete Umsetzung geht, kommen auch Zweifel auf", so der NDR-Chef. Mit jeder Reform nehme man dem Publikum etwas Gewohntes weg.
Knuth betont in dem Interview mit der "FAZ" auch, dass der NDR auf die Erhöhung des Rundfunkbeitrags angewiesen ist. Derzeit liegt die geplante Erhöhung ja auf Eis, im Laufe des Jahres soll sich das Bundesverfassungsgericht mit der Sache beschäftigen. Ohne die Erhöhung würden dem NDR monatlich drei Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. Auf vier Jahre gerechnet sind das 144 Millionen Euro - diese würden im schlimmsten Fall noch zu den 300 Millionen hinzukommen. "Wir haben uns dennoch entschlossen, vorerst keine weiteren Kürzungen beim Programm vorzunehmen, denn das ist unsere Visitenkarte und Legitimation. In Abhängigkeit von der Dauer des Verfahrens in Karlsruhe und des Urteils werden wir entscheiden, ob und wo weitere Einschnitte vorgenommen werden müssen." Da man mit den Sparvorhaben "gut vorangekommen" sei, habe man etwas mehr Luft als kleinere ARD-Anstalten, deshalb könne man "etwas länger durchhalten", so der NDR-Chef.
Keine großen Einsparungen wird es voraussichtlich in der Kultur allgemein und den Orchestern im Speziellen geben. Diese müsse man sich weiter leisten, sagt Knuth. "Für die norddeutsche Kultur sind beide Orchester besondere kulturelle Juwele, aber auch wichtige Botschafter des Norddeutschen Rundfunks, weit über den Norden hinaus. Sie sind für unser Portfolio unverzichtbar." Man dürfe die Kultur nicht nur auf ihre Kosten reduzieren, warnt Knuth. Die Pflege der Kultur sei Teil des Auftrages. Geld verdienen könne man mit Orchestern aber nicht. "Wenn wir das nicht mehr leisten, würde die deutsche Musiklandschaft, die gegenwärtig stark unter der Pandemie leidet, deutlich ärmer werden."