In die Debatte über die Zukunft von ARD und ZDF, die derzeit vor allem über Gastbeiträge in der "FAZ" geführt zu werden scheint, schaltet sich nun auch Annette Kümmel als Vorsitzende des Privatsenderverbands VAUNET ein und warnt davor, die Interessen des privaten Rundfunks in Deutschland zu vernachlässigen - schließlich hätten im dualen System in Deutschland Änderungen für die eine Seite stets auch direkte Auswirkungen auf die andere.
Eine Flexibilisierung des Auftrags von ARD und ZDF, wie sie Tom Buhrow gefordert hatte und wie sie auch Medienpolitiker von SPD und CDU zuletzt in Aussicht stellten, befürworte man dabei "ausdrücklich" - allerdings bei gleichzeitiger Fokussierung, schreibt Kümmel. Vor der ganz großen Freiheit, in der ARD und ZDF selbst entscheiden könnten, welche Spartenkanäle sie noch linear weiter betreiben wollen und welche Inhalte direkt in die Mediatheken gestellt werden sollen, warnt Kümmel dann aber doch und fordert genauere Regelungen.
"Nicht im Sinne des dualen Systems wäre eine Entwicklung, bei der die Kernelemente Bildung, Kultur- und Information als Inhalte ins Internet abwandern, um die linearen Angebote, insbesondere die werbeführenden Hauptprogramme, 'mainstreamiger' und eingängiger konsumierbar zu machen. Der Verweis der Rundfunkanstalten auf veränderte Nutzungsgewohnheiten sollte nicht als Blankoscheck dienen, nach Belieben Programme und Angebotsteile hin und her zu schieben. Deshalb sollten die genannten Kernelemente über alle Verbreitungswege und Angebote und zu Kernzeiten vorzuhalten sein."
Aktuell könne man eine solche Entwicklung schon bei Kulturinhalten beobachten, die verstärkt nur noch online stattfänden statt im klassischen Fernsehen und Radio, die geplante ARD-Kulturplattform sei hier der nächste Baustein. "Fernsehen ist nach wie vor das Medium mit der größten Reichweite, das Wirken gegen Desinformation und das Eintreten für Kulturverständnis wird online only nicht erfolgreich sein. Hier sollte der Auftrag lauten: integrieren statt versparten", so Kümmel. Die "Grenze der Flexibilisierung" müsse "bei der ungebremsten Expansion der Anstalten vor allem im Online-Bereich definiert werden, insbesondere hinsichtlich einer weiteren Verspartung."
Kritisch sieht Kümmel auch die starken Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen in der Produktion für Drittplattformen wie YouTube. "Wir halten eine Entkommerzialisierung und Überprüfung der wachsenden Präsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf solchen Plattformen für geboten." (Siehe dazu auch: "TV und Youtube - Beziehungstatus: Es ist kompliziert" und "ARD und ZDF bei YouTube: Das Prinzip Trial & Error"). Und dann kommen auch noch ein paar der ganz alten Schlager in der Auseinandersetzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk wieder auf den Tisch - wie die Forderung nach weitgehender Werbefreiheit bei ARD und ZDF. Die Debatte ermögliche es, solche "lange aufgeschobenen Grundsatzfragen" zu adressieren, so die Hoffnung der Privatsender, die vorschlagen, in eine gemeinsame "Taskforce" zur Reform eingebunden zu werden.