Mit erstaunlich intimen Einblicken in die Prostitution sorgte der Dokumentarfilm "Lovemobil" im vergangenen Jahr für Furore, wurde mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet und stand auch auf der Nominierungsliste für den diesjährigen Grimme-Preis. Doch durch Recherchen des Funk-Formats STRG_F wurde dann aufgedeckt: Die tiefen Einblicke wurden nur dadurch möglich, dass gar keine echten Personen gefilmt wurden, stattdessen handelte es sich um eine Inszenierung, die im Film zu sehenden Personen sind nur Darsteller.
Das räumte die Filmemacherin Elke Lehrenkrauss auch schon im STRG_F-Beitrag unumwunden ein und gab sich zunächst wenig fehlerbewusst und gab zu Protokoll, dass sie sich nicht vorwerfen könne, die Realität verfälscht zu haben, "weil diese Realität, die ich in dem Film geschaffen habe, eine viel authentischere Realität" sei. Zudem sei es um den Schutz der eigentlichen Protagonisten gegangen. Dass gespielte Szenen nicht als solche gekennzeichnet wurden, ist mit einem Dokumentarfilm aber fraglos überhaupt nicht vereinbar, wie inzwischen auch Lehrenkrauss einräumt.
Nun gab sie die Auszeichnung mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis zurück, ebenso wie das damit verbundene Preisgeld. Da der Preis im Jahr 2020 geteilt wurde, steht nun das zurückgegebene hälftige Preisgeld von 10.000 Euro Feras Fayyad, dem Regisseur des anderen preisausgezeichneten Films "The Cave - Eine Klinik im Untergrund" zu.
Lehrenkrauss erklärte: "Ich habe bei der Realisierung meines Films 'Lovemobil' schwerwiegende Fehler gemacht, die ich zutiefst bereue und deren Ausmaß mir gerade selbst erst klar wird. Die Teilnahme meines Films ohne entsprechende Kennzeichnung und Offenlegung seiner Machart stellt eine Wettbewerbsverzerrung dar. Mir ist klar, dass ich die entstandene Frustration und Enttäuschung bei Preisgebern, Juror*innen und Kolleg*innen damit nicht rückgängig machen kann. Das bedauere ich sehr. Ich entschuldige mich in aller Form bei allen Beteiligten, sowie allen Zuschauer*innen. Die Rückgabe des Deutschen Dokumentarfilmpreises ist mein erster Schritt, aus diesem Fehler zu lernen und meiner Branche und dem Deutschen Dokumentarfilmpreis nicht weiter durch diesen Film zu schaden."
Die Leiterin des SWR Doku Festivals, Irene Klünder, zeigt sich erleichtert über die Rückgabe des Preises. "Elke Lehrenkrauss hat ihre Konsequenzen gezogen und sich entschuldigt. Das verdient Respekt und sollte ihr auch eine Zukunft ermöglichen. Zugleich ist dies eine Chance für den Dokumentarfilm, in dem offen die Transparenz und die Frage nach Authentizität diskutiert wird."