Wenn am 3. April das Finale der 18. Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" gelaufen sein wird, dann geht damit zugleich eine Ära zu Ende. Völlig überraschend hat RTL am Donnerstag bekanntgegeben, dass Dieter Bohlen in Zukunft nicht mehr in der Jury dabei sein. Besonders bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass der der 67-Jährige auch beim "Supertalent" raus ist. In beiden Castingshows war Bohlen von Beginn an die Konstante - während die Jurorinnen und Juroren an seiner Seite wechselten, blieb Bohlen stets als Jury-Chef an Bord. Nun sollen die Jurys beider Shows komplett neu besetzt werden.
"Wir bedanken uns ausdrücklich bei der aktuellen Jury und insbesondere bei Dieter Bohlen als langjährigem Chefjuror", erklärte RTL-Unterhaltungschef Kai Sturm. "Mit klaren Urteilen und feinem Gespür für musikalischen Mainstream im allerbesten Sinne ist er maßgeblich am langjährigen Erfolg beider Shows beteiligt. Nach fast zwei Jahrzehnten gemeinsamer Erfolge ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Veränderung und Weiterentwicklung."
Auffällig ist, dass Dieter Bohlen selbst in der RTL-Mitteilung gar nicht zu Wort kommt und zeitnah zur Kommunikation des Senders auch auf seinem sonst gerne für die direkte Kommunikation genutzten Instagram-Kanal schweigt. Dass RTL selbst in seiner Mitteilung über die Personalien schreibt: "Darüber wurden alle Beteiligten im Vorfeld informiert", spricht jedoch für eine Entscheidung des Senders und gegen einen selbstgewählten Rückzug Bohlens, wie es die "Bild" in ihrer Berichterstattung suggeriert.
Quoten-Rekorde in weite Ferne gerückt
Das Bohlen-Aus kommt in einer Phase, in der die einstigen Überflieger am Show-Himmel ihre besten Zeiten weit hinter sich gelassen haben. Zwar zählt insbesondere "DSDS" noch immer zu den Quoten-Erfolgen von RTL, doch mit bislang rund 16 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen ist die aktuelle Staffel die bislang schwächste. Insbesondere "Das Supertalent" musste zuletzt spürbar Federn lassen: Die jüngste Staffel erreichte im Schnitt keine drei Millionen Zuschauer mehr und endete mit einem Allzeit-Tief - kaum mehr als elf Prozent Marktanteil in der Zielgruppe sind sicher nicht das, was sich die Verantwortlichen des Senders von ihrem Show-Dampfer erhoffen.
In ihren besten Zeiten zogen beide Shows noch gegen "Wetten, dass..?" ins Rennen und kratzten an den Quoten des inzwischen längst eingestellten ZDF-Dinos. Mehr als acht Millionen Zuschauer schauten in der Spitze zu, wenn Bohlen mit der "Supertalent"-Suche auf Sendung ging, "DSDS" sorgte in der Anfangszeit mit zweistelligen Millionen-Reichweiten für Rekorde, die den Grundstein für eine bis heute anhaltende Castingshow-Ära legten. Nun sieht RTL die Zeit für einen Neuanfang gekommen, der sicher nicht einfach wird.
Eine mediale Randnotiz zur Personalie: Politik, Fußball und Castingshows haben nicht unmittelbar etwas miteinander zu tun, aber allein durch ihre mediale Präsenz sind sie und ihre Protagonisten im öffentlichen Diskurs und der Wahrnehmung allgegenwärtig. Da ist es schon eine Zäsur, wenn in diesem Jahr innerhalb weniger Monate nach mehr als anderthalb Jahrzehnten nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel (seit 2005) und Bundestrainer Jogi Löw (seit 2006) abtreten, sondern auch Castingshow-Urgestein Dieter Bohlen (seit 2002).