Als Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, im vergangenen Jahr die Grimme-Preis-Nominierungen für 2020 bekanntgab, sprach sie davon, dass 2019 ein Jahr gewesen sei, das die Gesellschaft gefordert habe - nicht wissend, was in den Monaten danach auf Deutschland und die Welt zukommen sollte. "Die Kultur-, Film- und Fernsehbranche blickt auf ein schwieriges Jahr voller Einschränkungen zurück. Aktuell wissen wir nicht, wann das kulturelle Leben wieder starten kann, wann große Produktionen wieder möglich sein werden", sagt Gerlach jetzt.
Corona ist bei den nun verkündeten Nominierungen für den Grimme Preis 2021 in jedem Fall über alle Kategorien hinweg sehr sichtbar. Insgesamt 69 Produktionen und Spezialleistungen haben es auf die Nominierungslisten in den Kategorien Information & Kultur, Fiktion, Unterhaltung und Kinder & Jugend geschafft. Im Bereich Fiktion dürfen unter anderem die während des ersten Lockdowns produzierte Serie "Drinnen - Im Internet sind alle gleich" (ZDFneo) von btf und eitelsonnenschein sowie die Weihnachts-Edition der Corona-Serie "Liebe. Jetzt!" (Studio Zentral) auf eine Auszeichnung hoffen. Andere Formate, die Corona und seine Auswirkungen zum Thema hatten, und nominiert sind, heißen: "Social Distancing mit Hazel Brugger und Thomas Spitzer" (Kategorie Unterhaltung), "@Kalinka - Melde dich bitte" (Kinder & Jugend) oder auch die "Panorama"-Reportage "Trennung am Lebensende: Corona und Seniorenheime" (Information & Kultur).
Im Wettbewerb Fiktion wurden zum ersten Mal ebenso viele Fernsehfilme wie Serien mit einer Nominierung bedacht. Mit "Unorthodox" (Studio Airlift/Real Film Berlin) und "Das letzte Wort" (Pantaleon Films) können unter anderem zwei Netflix-Serien auf eine Auszeichnung hoffen. Für Joyn gehen "MaPa" (readymade films) und "Dignity" (Story House Pictures/Invercine & Wood) ins Rennen. Weitere im Bereich Fiktion nominierte Produktionen sind unter anderem die One-Serie "Parlament" von Cinétévé, Artémis Productions und Cinecentrum oder auch "Unterleuten – Das zerrissene Dorf" (Network Movie).
Mit "Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit" (Gebrüder Beetz) hat Netflix eine Nominierung im Bereich Information & Kultur abgestaubt - es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Streaminganbieter hier nominiert wurde. Auch die ProSieben-Reportage "Rechts. Deutsch. Radikal" von Thilo Mischke ist hier nominiert. Darüber hinaus gehen in diesem Bereich viele öffentlich-rechtliche Produktionen ins Rennen. Es geht um den Klimawandel, Berlin im Jahr 1945, den Prozess zur Loveparade oder auch die deutsche Sekte Colonia Dignidad. Für besondere journalistische Leistungen sind gleich drei Frauen nominiert: Mai Thi Nguyen-Kim ("für ihre sowohl wissenschaftlich hochkompetente als auch breitenwirksame Informationsvermittlung zum Thema Corona"), Isabel Schayani ("für ihre kompetente, empathische und im deutschen Journalismus singuläre Berichterstattung aus Moria") und Xenia Böttcher ("für ihre immersive Corona-Berichterstattung aus Mexiko und verschiedenen latein- und mittelamerikanischen Ländern").
In der Kategorie Unterhaltung können Joko und Klaas erneut auf einen Grimme-Preis hoffen. 2020 sind sie bereits für ihre "15 Minuten" bei ProSieben geehrt worden, jetzt haben es ihre "Männerwelten" (Florida Entertainment) auf die Nominierungsliste geschafft. Und auch sonst ist Haltung gefragt: Das "ZDF Magazin Royale" (Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld) ist ebenso nominiert wie das Rassismus-Spezial der "Carolin Kebekus Show" (btf/UnterhaltungsFlotte TV). Ebenfalls nominiert sind "Bauerfeind - Die Show zur Frau" (One/MDR/WDR), "Browser Ballett" (Steinberger Silberstein), die Staffeln drei und vier von "Kroymann" (btf) oder auch Sebastian Pufpaffs Lockdown-Kabarett "Noch nicht Schicht" (Agentur ZweiR) in 3sat.
Etwas ungewöhnlich ist die Nominierung der RBB-Serie "Warten auf’n Bus" (Senator Film), die nicht in der Kategorie Fiktion ins Rennen um einen Grimme-Preis geht, sondern in der Unterhaltung. Der Grund: Comedyserien mit einer Länge bis 30 Minuten sind in diesem Jahr grundsätzlich der Unterhaltung zugeschlagen worden. Das Nominiertenfeld komplettieren hier die ProSieben-Show "Teddy gönnt dir" (Raab TV) sowie "Löffel, Messer, Gäbel – Was ist der Beste Senf? Das große Senfspezial mit Florentin" von den Rocket Beans.
Die Corona-Pandemie hat übrigens auch für einige Veränderungen bei den Grimme-Preis-Kommissionen gesorgt. Erstmals in der Geschichte des Preises gab es keine Präsenzsitzungen der Gremien, die Sichtungen erfolgen in mehreren digitalen Sitzungswochen. "Das Sichten und Sitzen über und vor dem heimischen Computerbildschirm über sehr viele Stunden des Tages hat alle Beteiligten vor große Herausforderungen gestellt. Umso mehr freue ich mich, dass wir das für den Grimme-Preis bewährte Verfahren des gemeinsamen Sichtens und Diskutierens erfolgreich durchführen konnten", sagt Frauke Gerlach. Die Gewinner des Grimme-Preises werden am 11. Mai bekanntgegeben. Eine Preisverleihung ist für, Stand jetzt, den 27. August angesetzt.
Nachfolgend alle Nominierungen im Überblick
Nominierungen Kategorie Fiktion
- 2 Minuten (RED PONY PICTURES powered by Saxonia Media für MDR)
- Das freiwillige Jahr (Sutor Kolonko für WDR)
- Das letzte Wort (Pantaleon Films für Netflix)
- Dignity (Story House Pictures/Invercine & Wood für Joyn)
- Drinnen - Im Internet sind alle gleich (btf/eitelsonnenschein für ZDF-Das kleine Fernsehspiel/Quantum und ZDFneo)
- Exit (Sommerhaus Filmproduktion für SWR)
- Für immer Sommer 90 (FLORIDA FILM für ARD Degeto)
- Herren (Kineo Filmproduktion/Cinemanegro Filmproduktion für BR/ARTE)
- Kopfplatzen (Kurhaus Production für SWR)
- Liebe. Jetzt! Christmas Edition (Studio Zentral für ZDFneo)
- Mapa (readymade films für Joyn/rbb)
- Now or Never (Zum Goldenen Lamm für SWR)
- Parlament (Cinétévé/ Artémis Productions/ Cinecentrum für ONE/WDR)
- Tatort - Parasomnia (MadeFor Film für MDR)
- Tatort - Unklare Lage (X Filme Creative Pool für BR)
- Unorthodox (Studio Airlift/Real Film Berlin für Netflix)
- Unterleuten – Das zerrissene Dorf (Network Movie für ZDF)
- Wir wären andere Menschen (Akzente Film & Fernseh-produktion für ZDF)
Spezial
- Daniel Kehlmann für die Drehbuchadaption seines Theaterstücks „Das Verhör in der Nacht“ (Network Movie Film- und Fernsehproduktion für ZDF/ARTE)
Nominierungen Kategorie Information & Kultur
- Afghanistan. Das verwundete Land (LOOKSfilm für NDR/ARTE)
- ARTE Reportage – Mongolei: Nomaden in Zeiten des Klimawandels (Terek Media für ARTE/ARTE G.E.I.E.)
- Berlin 1945 – Tagebuch einer Großstadt (Zero One Film/ Bauderfilm für rbb/ARTE)
- Colonia Dignidad – Aus dem Innern einer deutschen Sekte (LOOKSfilm/Canal13 für WDR/SWR/ARTE)
- Das Purpurmeer (pong Film für ARTE)
- Der Ast, auf dem ich sitze (Bildersturm Filmproduktion für ZDF/3sat)
- Die Story im Ersten: Wikileaks – Die USA gegen Julian Assange (NDR/WDR)
- Die Unbeugsamen – Gefährdete Pressefreiheit auf den Philippinen (Dreamer Joint Venture Filmproduktion für SWR/ARTE)
- Expedition Arktis. Ein Jahr. Ein Schiff. Im Eis. (UFA SHOW & FACTUAL für rbb/NDR/HR)
- Heimat ist ein Raum aus Zeit (Ma.ja.de./ Navigator Film für ZDF/3sat)
- HELGA – Die zwei Gesichter der Feddersen (NDR)
- Kampf um Griechenland (Small Planet Documentary Production House für WDR/ARTE)
- Lovemobil (Elke Margarete Lehrenkrauss Produktion für NDR)
- Loveparade – Die Verhandlung (Docdays Productions/Arpa Films für WDR/ARTE)
- Obon (Hörmann Filmproduktion and Vizion/Tiger Unterwegs Filmproduktion)
- ProSieben Spezial: Rechts. Deutsch. Radikal. (pqpp2 für ProSieben)
- Rohwedder - Einigkeit und Mord und Freiheit (Gebrüder Beetz für Netflix)
- Schuss in der Nacht – Die Ermordung Walter Lübckes (AVE publishing für HR/NDR/rbb/SWR)
- Vernichtet – Eine Familiengeschichte aus dem Holocaust (Schmidt & Paetzel Fernsehfilme für rbb/HR/NDR)
Spezial
Anne Ruprecht für ihre berührende Langzeit-Beobachtung zweier Senioren-Paare - am Beispiel der Reportage „Trennung am Lebensende: Corona und Seniorenheime“ („Panorama“) (NDR)
Besondere Journalistische Leistung
- Xenia Böttcher, ARD-Korrespondentin (für Mittelamerika) für ihre immersive Corona-Berichterstattung aus Mexiko und verschiedenen latein- und mittelamerikanischen Ländern (SWR)
- Mai Thi Nguyen-Kim für ihre sowohl wissenschaftlich hochkompetente als auch breitenwirksame Informationsvermittlung zum Thema Corona in ihrem funk-Format „Mailab“ sowie bei ihren Moderationen von „Quarks - Corona in 5 Minuten“ (WDR/funk)
- Isabel Schayani für ihre kompetente, empathische und im deutschen Journalismus singuläre Berichterstattung aus Moria in verschiedenen journalistischen Formaten (WDR)
Nominierungen Kategorie Kinder & Jugend
- Ab 18! - Hinter unserem Horizont (Weinert Brothers/Dennis und Patrick Weinert für ZDF/3sat)
- Ab 18! - Luisa (Corso Film für ZDF/3sat)
- Die Sendung mit dem Elefanten – Wir kriegen ein Baby (Folge 559) (WDR/Flachbild Filmproduktion/BBC Brain Centre Cologne/ Trickstudio Lutterbeck für WDR)
- Fritzi – Eine Wendewundergeschichte (Trickstudio Lutterbeck /Balance Film/Les Films de l’Arlequin/ Maur Film/Neue Österreichische Trickfilm für MDR/NDR/WDR/KiKA/ARTE)
- Ich in der Krise?! – Petja aus Moskau: Luftsprünge im Wohnzimmer statt im Skatepark (Einzelfolge) (Hanfgarn & Ufer Filmproduktion für SWR)
- Küchenkrimi – Dem Essen auf der Spur: Eiscreme (Yellow Table Media für rbb)
- Kuntergrau - Staffel 3 (anyway e.V./Studiomitte Filmproduktion/sounds fresh studios für kuntergrau.net)
- Masel Tov Cocktail (Filmakademie Baden-Württemberg für SWR/ARTE)
- offen un‘ ehrlich (Saarländischer Rundfunk/funk)
- Tru Doku (DRIVE beta für funk/ZDF)
- Unheimlich perfekte Freunde (VIAFILM für MDR/KiKA/ BR/WDR)
- Wisch&Mop – Chaos unterm Weihnachtsbaum (Trikk17 Animationsraum für NDR)
Spezial
- @Kalinka08 – Melde dich bitte für das schnelle wie gelungene Aufgreifen des Themas „Häusliche Gewalt“ im Zuge der Corona-Krise (Studio Zentral für ZDF)
- ARD Reihe „Sechs auf einen Streich“ 2020 für die überzeugenden Frauenfiguren (Der starke Hans/Helene, die wahre Braut/Das Märchen vom goldenen Taler) (Der starke Hans: TV60Filmproduktion für BR/ Helene, die wahre Braut: Zieglerfilm Köln für WDR/ Das Märchen vom goldenen Taler: NFP neue film produktion/Rights Film Productions für rbb/Radio Bremen)
- Erben der Nacht (Staffel 1) als gelungenes „Brückenprogramm“ zwischen Kinder und Jugend (Lemming Film / Hamster Film / Maze Pictures / Maipo Film für NDR)
- Mina-Giselle Rüffer für ihre herausragende Darstellung der „Nora“ (DRUCK Staffel 5) (Bantry Bay Productions für funk/ZDF)
Nominierungen Kategorie Unterhaltung
- 15 Minuten Joko & Klaas – Männerwelten (Florida Entertainment für ProSieben)
- Bauerfeind - Die Show zur Frau (ONE/MDR/WDR)
- Browser Ballett (Steinberger Silberstein GmbH für rbb/HR/NDR)
- Die Carolin Kebekus Show - Folge 3: Rassismus Spezial inkl. "Brennpunkt" (btf/UnterhaltungsFlotte TV für WDR)
- Kroymann – Staffel 3 und 4 (btf für RB/SWR/NDR/WDR)
- Löffel, Messer, Gäbel – Was ist der Beste Senf? Das große Senfspezial mit Florentin (Rocket Beans Entertainment für RocketBeans TV)
- Noch nicht Schicht (Agentur ZweiR für ZDF/3sat)
- Social Distancing mit Hazel Brugger und Thomas Spitzer (Viel Spaß)
- Teddy gönnt dir! (Raab TV für ProSieben)
- Warten auf’n Bus (Senator Film Produktion für rbb)
- ZDF Magazin Royale (Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld für ZDF)