Den 30. Geburtstag hatte sich Deutschlands ältestes regionales Förderhaus für Filmproduktionen anders vorgestellt: Gefeiert worden wäre groß, sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch zeitlich passend bei der Berlinale in der Hauptstadt. Doch die Corona-Pandemie schiebt alle Gedanken an Events zum Jubiläum vorerst auf, mindestens in den Sommer. Eine Bilanz zieht Geschäftsführerin Petra Müller, seit 2010 im Amt, trotzdem schon jetzt, kurz vor dem tatsächlichen 30. Geburtstag am kommenden Samstag.
2600 Filme und Serien wurden seit der Gründung 1991 mit 775 Millionen Euro gefördert und sorgten laut Angaben der Film- und Medienstiftung NRW wiederum für Investitionen von 1,5 Milliarden Euro am Standort, die für Beschäftigung und Auslastung von Studios, Dienstleistern und Kreativen etc. sorgten - der Grundgedanke regionaler Filmförderung, die 1991 vom damaligen NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau und WDR-Intendant Friedrich Nowottny initiert wurde.
In Pflicht und Kür Zufriedenheit
Was einst mit einem Fokus auf Filmproduktionen begann, wurde in Nordrhein-Westfalen 2011 nicht nur mit der Umfirmierung zur heutigen Film- und Medienstiftung NRW erweitert: So werden u.a. seit rund zehn Jahren auch Games- und Serien-Produktionen gefördert. Seit 2019 wird die Förderung für Games-Entwicklung sogar mit eigener Richtlinie und einem fixen Budget von 3 Millionen Euro jährlich unterstützt. Über alle Gattungen hinweg kommt die Förderanstalt damit nach eigenen Angaben auf 9555 unterstützte Projekte, die mit mehr als 930 Millionen Euro gefördert wurden. Den resultierenden Erfolg der Förderungen kann man in den wirtschaftlichen Effekten für den Standort messen, aber auch qualitativ über die gewonnenen Auszeichnungen für geförderte Werke. Das eine ist die Pflicht, das andere die Kür - könnte man sagen.
Wenn auch ohne Vergleichswerte, ist die Trophäensammlung der aus NRW geförderten Werke beeindruckend, darunter 169 Deutsche Filmpreise, 50 Europäische Filmpreise, 46 Grimme-Preise, 30 Deutsche Fernsehpreise, zwölf Bären, neun Löwen, zwei Goldene Palmen, einen Oscar und 15 Oscar-Nominierungen. Zu den hauseigenen Anekdoten, die bei jedem Jubiläum der Film- und Medienstiftung NRW gerne erzählt werden, gehört der Lucky Punch im Gründungsjahr: Die erste Förderung ging 1991 an Helmut Dietls "Schtonk", der dann auch gleich eine Oscar-Nominierung als bester ausländischer Film erhielt. Es folgten Förderungen von Werken wie "Knockin' on Heavens Door", "Lola rennt", "Das Wunder von Bern", "Toni Erdmann", "Werk ohne Autor", "Der Schuh des Manitu", "Goodbye Lenin!", "Der Junge muss an die frische Luft", "Unsere Mütter, unsere Väter", "Die Manns" und "Babylon Berlin".
Gender-Equality, Diversity und grünes Produzieren
Drei Themen stehen für die Film- und Medienstiftung NRW aktuell auf der Agenda: Gender Equality, Diversity und grünes Produzieren. Unterstützt werden Forschungsprojekte zur "Audiovisuellen Diversität", Programme wie Into the Wild sowie die Aktionsplattform Womenize!, der NRW-Förderpreis für junge Entwicklerinnen und den Call for Change Summit der Gamesbranche im Rahmen der devcom sowie der von UFA und DWDL.de initierte Diversity Gipfel, der Corona-bedingt 2020 nicht stattfinden konnte und alsbald nachgeholt werden soll. Mehrkosten für grünes Drehen werden inzwischen als Teil der Förderung mitgetragen, seit 2017 auch durch einen gemeinsamen Beschluss der Filmförderungen bekräftigt. 2020 wurde gemeinsam mit allen Länder- und Bundesförderern, Sender- und Verbandsvertreter*innen eine gemeinsame Erklärung für nachhaltige Film- und Serienproduktion unterzeichnet.
Und dann ist da diese Pandemie, die nicht nur Feierlichkeiten zum Jubiläum stört sondern viel dramatischere Auswirkungen auf die Produktionslandschaft und ihre Kreativen hatte. Auf das Rekordjahr der Film- und Medienstiftung NRW 2019, mit einem Fördervolumen von 40 Millionen Euro, folgte das von der Pandemie geprägte Jahr 2020. Ergänzend zum von Bundes- und Länderförderer aufgesetzten Hilfsprogramm für Produktion, Verleih und Kino mit einem Gesamtvolumen von 15 Millionen Euro, startete die Film- und Medienstiftung NRW eine Soforthilfemaßnahme für die mit dem Kinoprogrammpreis ausgezeichneten NRW-Kinos und ein Programm zur Entwicklungsförderung. Das Land NRW stellte darüber hinaus insgesamt 21 Millionen Euro für die Ausfallfonds I und II zur Absicherung von Film-, TV- und Streaming-Produktionen zur Verfügung. Mit dem Programm "Film ab NRW" werden Kinos mit weiteren 15 Millionen Euro unterstützt.
Die Gesellschafter gratulieren
Dem pflichtet auch der bisherige RTL-Geschäftsführer Jörg Graf bei, verbunden mit der Freude über den gerade angekündigten Studiengang für non-fiktionale Unterhaltung: "Gerade in diesen schwierigen Zeiten unterstützt die Stiftung die Kreativbranche gezielt, um die aktuellen Herausforderungen meistern zu können. Persönlich freue ich mich darüber, dass die Film- und Medienstiftung mit ihrer Tochtergesellschaft ifs Deutschlands ersten Studiengang für Entertainment anbietet." Was einst als Förderung allein für fiktionale Filmstoffe begann, spiegelt im Falle der Film- und Medienstiftung NRW damit immer umfassender die Diversität der Medienangebote. Den Kampf um die Gelder macht das natürlich nicht einfacher.