Auf seiner Jahres-Pressekonferenz wollte der MDR am Mittwoch natürlich vor allem über seine programmlichen Vorhaben in diesem Jahr reden, um zwei ganz entscheidende medienpolitische Themen kam Intendantin Karola Wille aber natürlich nicht herum. Da wäre zum Einen die Neufassung des MDR-Staatsvertrags, in dem festgelegt werden soll, dass "den Ländern ihre Anteile an den Einnahmen des MDR mittelfristig zu Gute kommen" - Thüringen fühlt sich bei der Drei-Länder-Anstalt nämlich erheblich benachteiligt, weil die Zentraleinrichtungen und damit ein Großteil der Mitarbeiter in Sachsen und Sachsen-Anhalt sitzen.
Der MDR hat bereits deutlich gemacht, dass man dieses Ansinnen für kaum mit der verfassungsmäßigen Rundfunkfreiheit vereinbar hält. Wille lobte dabei die Gründung des MDR als Dreiländeranstalt vor 30 Jahren als "historische und staatspolitisch kluge Weichenstellung", weil dadurch eine deutlich stärkere Anstalt entstanden sei als das im Klein-Klein möglich gewesen wäre. Um so stärker warnte sie jetzt vor dem noch stärker geforderten Länder-Proporz. "Der Grat zur politischen Landnahme ist schmal", formulierte die MDR-Intendantin.
Und dann muss man sich auf der anderen Seite ja auch mit der zumindest vorläufig ausgebliebenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags und den damit verbundenen geringeren Einnahmen auseinandersetzen. Auch Wille setzt ihre Hoffnung da weiterhin aufs Bundesverfassungsgericht und hofft, dass dort möglichst bald eine Entscheidung fällt, die die geplante Erhöhung durchsetzt. Kurzfristig will der MDR nicht am Programm sparen, die fehlenden Einnahmen werde man durch die Rückstellung von Investitionen - etwa beim DAB+-Ausbau - wett machen. Das werde aber nicht dauerhaft reichen. Im Sommer werde man sich daher genau die Situation anschauen und dann entscheiden, inwiefern Kürzungen im Programm nötig sein werden.
Den Osten verstehen
Und damit zurück zu den Plänen für dieses Jahr. Man wolle Dialogformate, neue, vielfältige Erzählweisen und multimediale Schwerpunkte ausbauen, "um der Ausdifferenzierung und Polarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken", so die MDR-Intendantin. Um die Meinung im Land aufzuspüren, hat man im letzten Jahr die Meinungsplattform "MDRfragt" gestartet, an der sich über 40.000 Menschen aus Mitteldeutschland beteiligen und ihre Meinung zu verschiedenen Themen abgeben. Meinung und Stimmung einholen will man auch mit "Mein Sofa - Meine Meinung". Im Vorfeld der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt soll sich Janett Eger auf der heimischen Couch mit Menschen unterhalten. Um die Themen junger Familien geht's im neuen Format "ElternAbend" von MDR Jump und der Redaktion "Natur und Entdeckung". Jede Woche wird ein Thema aus sieben verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, und zwar corssmedial in TV- und Hörfunk-Beiträgen, über Youtube, Podcasts und soziale Netzwerke.
Generell möchte der MDR dafür sorgen, dass man "den Osten" besser versteht. Im Oktober will man das interaktive Online-Projekt "Die DNA des Ostens - Wie wir wurden was wir sind" an den Start bringen, verbunden mit einer gleichnamigen MDR-Doku. Es gehe darum, sämtliche Forschungsergebnisse der vergangenen Jahren in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zu setzen. "Die 'DNA des Ostens' ist ein journalistisch einmaliges Projekt, aufbauend auf tausenden Daten und einem umfangreichen Forschungsstand. Es belegt, dass manche Prägungen über viele Generationen reichen", so Klaus Brinkbäumer, der neuerdings als Programmdirektor in Leipzig für Info, Fiktion, Unterhaltung und Sport verantwortlich ist.
Unter dem Arbeitstitel "Den Osten verstehen..." ist auch eine Doku-Serie geplant, die über das Wahljahr 2021 hinweg verständlich machen soll, "wie der Osten tickt" und was man über den Osten wissen sollte. "Wir wollen gerade im Superwahljahr Denkstöße geben und auch Erklärungen bieten - denn das Wahlverhalten im Osten dürfte sich erneut deutlich von dem im Westen unterscheiden", betont der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur. Generell steht ja nicht nur die Bundestagswahl an, auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen wird gewählt, was natürlich ebenfalls ausgeibig begleitet wird, etwa mit einem Kandidaten-Check oder auch der "MDR Wahl-Arena", in der die Kandidaten aufeinandertreffen. Das "MDRdata"-Team will ausgehend von der Situation und Stimmungslage in sechs Wahlkreisen in Sachsen-Anhalt zudem datenbasiert eine Bilanz der vergangenen Legislaturperiode ziehen.
Die Jüngeren gewinnen
An junge Leute will der MDR auch mit weiteren Formaten für die ARD-Mediathek ran. Dazu gehört eine fünfteilige Reihe "Kosmonaut Nr. 1" über Juri Gagarin, die zu Ostern dort zu sehen sein wird. Im August seht zum 60. Jahrestag des Mauerbaus das dokumentarische ARD-Gemeinschaftsprojekt "Kinder der Teilung" an, für den der MDR die Online-Federführung hat. Im Vierteiler "Tod in der Ostsee" wird darin die Geschichte einer tragischen Flucht aus der DDR im Jahr 1979 erzählt. Speziell an junge Zielgruppen richtet sich zudem die dokumentarische Webserie "DDR in zehn Minuten", die wichtige Aspekte des DDR-Alltags kompakt und unterhaltsam aufbereiten will. Sechs neue Folgen gibt's davon ab Ende Februar in der Mediathek und auf YouTube. Für YouTube produziert man auch "Schule, und dann?". In den nur rund fünf Minuten langen Vidoes will der MDR Tipps geben, wie junge Lute ihren Weg durch den Angebotsdschungel nach dem Schulabschluss finden.
Im fiktionalen Bereich soll es das Ergebnis von "Mein Schwein pfeift" zu sehen geben. Unter diesem Titel hatte der MDR im letzten Jahr nach Serien gesucht, die das Lebensgefühl der Menschen auf dem Land "mit Witz, überraschenden Auflösungen und einer zugespitzten Geschichte aufgreifen". Zudem gibt's rund um das 75-jährige Jubiläum der DEFA einen Schwerpunkt in der Mediathek wie auch im linearen Programm. Und wo wir gerade bei Jubiläen sind: 50 Jahre "Polizeiruf 110" steht auch noch an. Im Mai gibt's die Jubiläumsfolge im Ersten zu sehen, dazu sollen viele Archivschätze gehoben werden. Mehr als 40 davon will der MDR in die Mediathek stellen.