Am Mittwochvormittag informierte Bertelsmann-CEO Thomas Rabe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hamburger Verlagshauses Gruner+Jahr sowie des Kölner TV-Hauses Mediengruppe RTL Deutschland offiziell über eine Strategie, die sich schon länger abzeichnete: Bertelsmann schickt seine beiden Medienhäuser auf den Weg zur Fusion. Offiziell heißt es laut einer Mitteilung im Intranet, die DWDL.de vorliegt: "Beide Unternehmen haben Workshops aufgesetzt, die jetzt ergebnisoffen verschiedene Optionen prüfen. Ziel ist neben der noch engeren Kooperation auf unterschiedlichen Feldern auch die Entwicklung einer gemeinsamen Wachstumsstrategie."

Mit Initiativen wie der Content Alliance, der gemeinsamen Vermarktungseinheit Ad Alliance, der Audo Alliance und punktuellen Zusammenarbeiten bei einzelnen Themen, sollen jetzt auch die Strukturen enger verzahnt werden. Oder wie es in der heutigen Mitteilung heißt: "Aufbauen können die Partner dabei auf eine bereits intensivierte Zusammenarbeit." "Es ist erfreulich, wie erfolgreich die Mediengruppe RTL Deutschland und Gruner + Jahr seit einigen Jahren zusammenarbeiten", erklärt Thomas Rabe. "Wichtig ist jetzt, dass wir gemeinsame Potenziale erschließen und noch mehr Wachstum ermöglichen. Die dafür erforderlichen Mittel stehen bereit."

Thomas Rabe © Bertelsmann Bertelsmann-CEO Thomas Rabe
Rabe sieht die Mediengruppe RTL und G+J mit ihrer Entscheidung auf einer Linie mit der Bertelsmann-Strategie, erinnert an die Wettbewerbsfähigkeit in Konkurrenz zu internationalen Anbietern: "Bertelsmann muss eigene Antworten finden auf den Wettbewerb mit den globalen Tech-Plattformen. Alleine und auf sich gestellt werden unsere Geschäfte in diesem Wettbewerb langfristig kaum bestehen. Unsere Antwort heißt daher: mehr Zusammenarbeit, um an Größe, Ressourcen und Kompetenz zu gewinnen."

"Die Mediengruppe RTL und G+J sind ein nationaler Champion."
Thomas Rabe

In einem zeitgleich im Intranet veröffentlichten Interview wiederholt sich ein interessanter Spin bei der Geschichte: Rabe, übrigens in Personalunion auch CEO der RTL Group, begrüße die Entscheidung von Mediengruppe RTL Deutschland und Gruner+Jahr, noch enger zusammenarbeiten zu wollen, so als sei dies gänzlich unabhängig von Bertelsmann entschieden worden. Er spricht von einem "Chancenbündnis für beide Seiten" und erklärt: "Die Mediengruppe RTL und G+J sind ein nationaler Champion."

Im Intranet-Interview von Bertelsmann sagt CEO Thomas Rabe angesprochen auf die Frage, ob es zu einem Zusammenschluss beider Unternehmen kommen könnte: "Wie gesagt, wir stehen am Beginn eines ergebnisoffenen Prozesses, in dem es keine Vorfestlegungen, aber auch keine Denkverbote gibt. Wichtig ist, dass wir gemeinsame Potenziale erschließen und noch mehr Wachstum ermöglichen. Die dafür erforderlichen Mittel stehen bereit." Für eine Fusion gäbe es eh zahlreiche Hürden. Deswegen die zurückhaltende Formulierung.

Rabe selbst, wie auch der interne Info-Text für die Mitarbeitenden von Gruner+Jahr und Mediengruppe RTL Deutschland, sprechen vom "ausloten" einer "noch engeren Zusammenarbeit". Angesichts der bereits intensiven Zusammenarbeit auf vielerlei Ebenen ist jedoch unmissverständlich wohin der Weg führt, den man mit dieser immerhin frühzeitigen und offenen Kommunikation einschlägt. Rabe: "Die Mediengruppe RTL Deutschland und Gruner + Jahr haben Anfang Februar Workshops mit Top-Managern aus beiden Unternehmen aufgesetzt, die jetzt ergebnisoffen verschiedene Optionen prüfen."

Es ist eine Strategie, die sich durch die aufgebauten Allianzen bereits seit Jahren abzeichnet und durch die Straffung von Verantwortungen - etwa dem Durchregieren von Bertelsmann-CEO Thomas Rabe bei der RTL Group - vereinfacht wurden. Er holte die offiziell in Luxemburg beheimatete RTL Group de facto an den Rhein. So ist es ist vorallem das Dreier-Gespann aus Rabe, dem CEO der Mediengruppe RTL Deutschland Bernd Reichart und Gruner+Jahr-Inhalte-Chef Stephan Schäfer, die hier einen gemeinsamen Weg beschreiten. In Hamburg führt das in der Belegschaft zu der offenen erörterten Frage, ob dabei Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel möglicherweise auf der Strecke bleiben könnte.

Es ist die Wahrnehmung des neuen internationalen Wettbewerbs durch globale Player im Bereich Social Media und Content-Aggregation einerseits wie auch Streamingdiensten andererseits, die Bertelsmann diese Fusionsgedanken überhaupt ermöglicht. Noch bis vor zehn Jahren waren Zusammenschlüsse dieser Art in Deutschland kritisch, weil die Lesart des Bundeskartellamts sich oft auf allein auf den nationalen Medienmarkt fokussierte und jede Konzentration oder auch nur Kooperation kritisch beäugt oder gar untersagt wurde.

In mehreren deutschen Medienhäusern wächst durch die Veränderung des Wettbewerbs die Zuversicht, dass inzwischen die internationaler gewordenen Wettbewerbssituation eine Stärkung deutscher Marktteilnehmer erlauben würde. Dass es hierfür aber eben auch noch keine Gewissheit sondern nur die Hoffnung gibt, ist auch einer der Gründe warum sich Bertelsmann und seine beiden Medienhäuser erstmal vorsichtig an die Öffentlichkeit wagen, um genau diese Akzeptanz zu prüfen.