Dicke Luft bei Euronews: In der Nacht haben Journalistinnen und Journalisten des europäischen Nachrichtensenders mit Sitz in Lyon zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Davon betroffen ist offenbar auch die deutschsprachige Redaktion, wie der Deutsche Journalisten-Verband (djv) am Dienstag erklärte. Demnach richtet sich der Streik "gegen miserable Arbeitsbedingungen und ständig wachsende Anforderungen der Geschäftsleitung an die Beschäftigten ohne zusätzliche Bezahlung".
Darüber hinaus beklagen die Streikenden auch unzureichende Corona-Schutzmaßnahmen in der Redaktion. Wie der BBC-Journalist John McManus auf Twitter schreibt, sollen sich rund 100 Personen dem Streik angeschlossen haben. Nach Angaben des Senders waren etwas etwa halb so viele. Bei dem Streik geht es offenbar auch um einen geplanten Abbau von zahlreichen Arbeitsplätzen. Gegenüber DWDL.de bestätigte ein Euronews-Sprecher am Dienstag entsprechende Pläne. Demnach werde erwartet, dass etwa 30 bis 40 Personen von derzeit rund 500 festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Unternehmen verlassen werden.
"Euronews hat versucht, den Stellenabbau auf ein Minimum zu beschränken", heißt es von Seiten des Senders, wo man auf die Corona-Krise verweist, durch die viele Medien in einer schwierige Situation geraten seien. Internationale Nachrichtensender in Privatbesitz wie Euronews hätten angesichts der Schwierigkeiten mit einem Verlust an Werbeeinnahmen zu kämpfen, so ein Sprecher. Gleichzeitig kündigte der Euronews an, neue Arbeitsplätze zu schaffen, "um die Entwicklung neuer digitaler Branchen zu unterstützen". Diese Arbeitsplätze sollen vorrangig Mitarbeitern angeboten, deren derzeitige Positionen vom Entlassungsplan betroffen sind.
Weiter heißt es: "Wir respektieren das Streikrecht unserer Mitarbeiter voll und ganz und werden weiterhin einen intensiven Dialog mit den Personalvertretern führen, wie wir es seit der ersten Bekanntgabe des Plans im vergangenen November immer wieder getan haben, um sicherzustellen, dass alle ihre Bedenken gehört werden."
Euronews steht allerdings längst nicht nur wegen der Corona-Krise vor Herausforderungen. Erst vor einem Jahr hatte NBC News seine Beteiligung wieder verkauft. Die Amerikaner waren seit 2017 im Besitz von 25 Prozent der Anteile an dem Nachrichtensender, der mehrheitlich dem ägyptischen Milliardär Naguib Sawiris gehört. Ursprünglich war geplant, Euronews zur europäischen Ausgabe von NBC News umzubauen. Dazu kam es allerdings nie. Auch die Pläne für den Start von NBC Sky World News waren im Zuge der Corona-Krise vorerst auf Eis gelegt worden.
djv kritisiert "Rambo-Manier"
Der djv-Bundesvorsitzende Frank Überall warf der Geschäftsführung von Euronews derweil "Rambo-Manier" vor und stellte sich hinter die Streikenden. "Gerade in der belastenden Corona-Situation müssen sich Journalisten auf ihre Arbeitgeber verlassen können. Wenn das nicht der Fall ist, haben die Kolleginnen und Kollegen jedes Recht, sich zur Wehr zu setzen." Überall fordert das Euronews-Management zudem auf, sich der Verantwortung für angestellte und freie Mitarbeiter des Senders zu stellen: "Gut recherchierte Informationen und Hintergründe werden heute dringender benötigt denn je. Die journalistische Arbeit hat ihren Preis."