Der Rundfunkbeitrag wird zumindest zum 1. Januar 2021 erst einmal definitiv nicht erhöht. Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag, der von den ARD-Sendern, dem ZDF und Deutschlandradio gemeinsam eingereicht worden war und mit dem sie eine einstweilige Anordnung erreichen wollten, abgelehnt. Dabei ließ das Gericht durchscheinen, dass die Sender im Hauptverfahren im kommenden Jahr sehr wohl weiter darauf hoffen können, dass ihnen die Erhöhung um 86 Cent zugestanden wird. Wörtlich heißt es in der Entscheidung: "Angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erscheint eine Verletzung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit zumindest möglich."
Die Ablehnung des Eilantrags ergibt sich nun vielmehr daraus, dass die Sender in ihren Schriftsätzen offenbar überhaupt nicht belegt haben, dass die Entscheidung nun besonders dringlich sei. Nötig wäre eine Darlegung gewesen, dass den Sendern "durch ein Abwarten bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens schwere Nachteile" entstünden - und genau das ist offenbar nicht erfolgt. Die Begründung des Verfassungsgerichts liest sich in weiten Teilen dann auch wie eine schallende Ohrfeige für die Justiziariate und Verantwortlichen der Sender - da sich die Lage in Sachsen-Anhalt über Monate angedeutet hatte, hätte eigentlich ausreichend Zeit für einen wohl begründeten Eilantrag sein müssen.
In der Begründung des Gerichts heißt es unter anderem, dass die Sender nicht detailliert aufgezeigt hätten, dass sich das Programmangebot direkt verschlechtern würde, wenn die ihnen von der unabhängigen Kommission KEF zugestandene Beitragserhöhung um 86 Cent nicht erfolgen würde. Sprich: Man hätte sich klare Ansagen erwartet, welche Programme eigentlich entfallen müssten. "Wenn das Programmangebot tatsächlich erbracht wird, ist nach den genannten Grundsätzen eine kompensierende Mehrausstattung in späteren Zeiträumen durchaus nicht ausgeschlossen", so das Gericht. Zwar sei plausibel, dass die Sender nicht auf unbegrenzte Zeit ihr Programmangebot im bisherigen Umfang aufrecht erhalten könnten, wohl aber mit Blick auf eine spätere Mehrausstattung für gewisse Zeit.
"Der Hinweis der Beschwerdeführer auf eine Deckungslücke bis Ende des Jahres 2024 oder aber jedenfalls bis Ende des Jahres 2022 reicht schon deshalb nicht aus, weil nicht nachvollzogen werden kann, warum im Falle eines Abwartens der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden der Finanzbedarf bis Ende des Jahres 2022 oder sogar bis Ende des Jahres 2024 ungedeckt bleiben sollte", heißt es wörtlich in der Begründung. Auch mit ihrem Antrag, die Klausel im Staatsvertrag außer Kraft zu setzen, die besagt, dass er bei nicht rechtzeitiger Ratifizierung gegenstandslos wird, sind die Sender gescheitert, weil sie offenbar die detaillierten und substantiierten Erklärungen schuldig geblieben sind, wieso ohne die Aussetzung der Klausel eine Beitragserhöhung nicht mehr möglich sei.
Die Sender sollten die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun auch als Warnschuss begreifen. In der Vergangenheit hatte das Gericht den öffentlich-rechtlichen Sendern stets bescheinigt, dass sie einen Anspruch auf ausreichende Finanzierung haben - und dass die Politik nur in ganz wenigen begründeten Ausnahmefällen von der Empfehlung der unabhängigen Kommission KEF über die Höhe des ARD, ZDF und Deutschlandradio zustehenden Rundfunkbeitrags abweichen darf. Die Chancen, dass den Sendern im eigentlichen Verfahren die 86 zusätzlichen Cent pro Monat zugestanden werden, stehen also nach wie vor gut. Doch ein Selbstläufer ist es nicht, das hat die jetzige Entscheidung auch klar gemacht. Die Anwälte der Sender sollten ihre Anträge dafür wohl ein bissschen besser ausarbeiten als es nun bei diesen Eilanträgen geschehen ist.
Einstweilen müssen die Sender in den nächsten Monaten mit niedrigeren Einnahmen als kalkuliert auskommen. Wie sehr sich das im Programm niederschlägt, wird auch vom Zeitpunkt der Entscheidung im Hauptverfahren abhängen. Auch für die Beschäftigten könnte es nun zu direkten finanziellen Einbußen kommen, die Tariferhöhung ist in den meisten ARD-Anstalten an die Beitragserhöhung gebunden worden.
ZDF-Intendant Thomas Bellut hob in einem ersten Statement den für seinen Sender positiven Aspekt der Entscheidung des Gerichts hervor. "Ermutigend ist der Hinweis in der Begründung, dass eine Verletzung der Rundfunkfreiheit angesichts der bisherigen Rechtsprechung möglich ist." Man werde nun das Verfahren in der Hauptsache abwarten.