Wenn WDR-Talker Jürgen Domian sich in der Nacht von Freitag auf Samstag gegen halb eins von seinem Publikum verabschiedet, wird er eine Frage unbeantwortet lassen: ob und wann es mit seiner Call-in-Show "Domian live" weitergeht. Die Vorweihnachtsausgabe ist nicht nur die letzte in diesem Jahr, sondern auch die letzte seines zum Jahresende auslaufenden Vertrags mit dem WDR Fernsehen.
Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de liegt es nicht am Moderator, sondern am Sender, dass das beliebte Format einer unklaren Zukunft entgegensieht. Domian selbst würde wohl am liebsten nahtlos weitertalken, und das mit seiner bewährten Mannschaft. Da jedoch vonseiten des WDR kein Anschlussvertrag vorliegt, laufen auch die Verträge des Teams mit der Kölner Produktionsfirma UME aus. Dem Vernehmen nach sind Domians langjähriger Redaktionsleiter, eine Junior Producerin, eine Planungsredakteurin sowie mehrere freie Mitarbeiter betroffen.
Aus der Perspektive von Zuschauern und Fans könnte die Sache ganz einfach sein: Als der "Kölner Stadt-Anzeiger" in seiner Dienstagsausgabe über die Ungewissheit berichtete und "Die Fans wollen Jürgen Domian häufiger sehen" titelte, füllten sich sofort die Kommentarspalten auf Domians Facebook-Seite. Allgemeiner Tenor: "In dieser schweren Zeit könntest du uns mit ehrlichen, tröstenden Worten begleiten", oder auch: "eine der wenigen Sendungen, für die sich der Rundfunkbeitrag lohnt". Selbst an den WDR-Rundfunkrat haben sich etliche Domian-Fans gewandt und dafür gesorgt, dass sich das Gremium nun mit der unübersehbaren Nachfrage befasst.
Aus Sicht des Senders scheint das Ganze weitaus komplizierter. Wenn die letzte "Domian live"-Sendung am Freitagabend gelaufen ist, waren es ingesamt 18 Ausgaben, die im Kalenderjahr 2020 produziert wurden – sieben mehr als anfangs geplant. Ursprünglich war das im Herbst 2019 gestartete Format mit monatlicher Frequenz vor Live-Publikum in der Kölner WDR-Kantine entstanden. Coronabedingt erfolgte im März die Umstellung auf Call-in – ein kleineres, konzentrierteres Format, fast so wie bei Domians einstigem 1Live-Nachttalk. Zugleich erhöhte der WDR die Sendefrequenz auf ungefähr zweimal pro Monat, mitunter etwas unregelmäßig.
Entsprechend habe es für 2020 keinen langfristig etatisierten Sendeplatz gegeben, ist aus dem WDR zu vernehmen. Das nötige Budget für "Domian live" sei aus anderen Töpfen des Programmbereichs Unterhaltung zusammengekratzt worden. Die Spontanlösung aus den Anfangszeiten der Pandemie hätte für 2021 in eine dauerhafte Etatplanung überführt werden müssen – erst recht, wenn man dem Zuschauerwunsch nach wöchentlicher Frequenz hätte entsprechen wollen.
"Nun müssen wir schauen, wie es grundsätzlich weitergeht und welcher Senderhythmus sich auf welchem Ausspielweg in 2021 anbieten könnte"
WDR-Statement zur Zukunft von "Domian live"
Bleibt die Frage, warum das nicht rechtzeitig geschehen ist, um gerade während des Lockdowns einen wesentlichen Protagonisten mit öffentlich-rechtlicher Strahlkraft ohne Unterbrechung auf dem Sender zu halten. WDR-Unterhaltungschefin Karin Kuhn gilt als Domian-Verfechterin, die sich intern für eine frühzeitige Verlängerung stark gemacht hat. Ihrem Vorgesetzten, Programmdirektor Jörg Schönenborn, liegt Domian laut Flurfunk nicht so sehr am Herzen. Auf DWDL.de-Anfrage teilt ein WDR-Sprecher mit: "In 2020 war der Plan, 'Domian live' einmal im Monat zu senden. Dann kam Corona, und wir haben durch die nötige Umstellung des Konzepts in einigen Monaten die Taktung erhöhen können. Nun müssen wir schauen, wie es grundsätzlich weitergeht und welcher Senderhythmus sich auf welchem Ausspielweg in 2021 anbieten könnte. Dazu befinden sich der WDR und Jürgen Domian aktuell in vertraulichen Gesprächen."
Noch sei in diesen Gesprächen jedoch "gar nichts geklärt", sagt ein mit dem Stand vertrauter Mitarbeiter des Senders. Offenbar kursiert im WDR das Szenario, ein größeres Paket mit Domian zu schnüren, das neben "Domian live"-Fernsehsendungen auch zusätzliche Podcasts enthalten würde. Das Budget ließe sich bei einer solchen Lösung auf mehreren Schultern verteilen. Zur Beschleunigung trägt es freilich nicht bei, wenn weitere Abteilungen beteiligt werden sollen.
Wie viel Geduld Jürgen Domian mit seinem langjährigen Haussender aufbringt, hätte man den Moderator gern selbst gefragt. Doch der lässt über sein Management ausrichten, dass er für Presseanfragen zur Zukunft der Sendung gegenwärtig nicht zur Verfügung stehe. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte er noch zu Protokoll gegeben: "Meinerseits besteht großes Interesse, die Sendung mindestens zweimal im Monat zu moderieren. Und natürlich bin ich auch offen für weitere Projekte." Dass seine Fans ganz auf Domian verzichten müssen, steht derweil nicht zu befürchten. Auf seinem persönlichen YouTube-Kanal und seiner Facebook-Seite meldet sich der Talker seit Anfang November regelmäßig mit dem Videoformat "Wie ging's weiter?", in dem er die Schicksale früherer Anrufer weiterverfolgt. Ganz in Eigenregie, ohne den WDR.