Aus Quotensicht lief das Jahr 2020 für Das Erste bislang überaus erfolgreich: Inmitten der Corona-Pandemie vertrauten selbst jüngere Zuschauer vorrangig beispielsweise auf die gute alte "Tagesschau", aber auch zahlreiche andere Informationsprogramme. Ein Publikum, das die ARD nur zu gern auch künftig wieder verstärkt erreichen will, wenn sich die äußeren Umstände ein Stück weit normalisiert haben. Es gehe darum, für 30- bis 49-Jährige "auch außerhalb von Krisen wieder an Relevanz zu gewinnen", fasste es Florian Hager auf der Jahres-Pressekonferenz am Mittwoch zusammen. Diese Altersgruppe ist es, die die ARD - neben dem älteren Stammpublikum des linaren Angebots - künftig mit der ARD-Mediathek zu erreichen versucht. Nachdem man diese jahrelang deutlich stiefmütterlicher behandelt hatte als etwa das ZDF, mangelte es zuletzt ja nicht an Bekundungen, dass man diese stärken wolle - und hat erste Schritte mit der Serien-Offensive oder auch der Installation von Florian Hager als "Channel-Manager" der ARD-Mediathek und stellvertretendem Programmdirektor ja auch schon unternommen.
Wie man die Mediathek im Wettbewerb mit Netflix und Co. weiter aufrüsten will, war dann auch das Hauptthema bei der Vorstellung der Programmpläne fürs kommende Jahr. Eine besonders wichtige Rolle kommt bei der Stärkung der Mediathek der Fiction zu. Nachdem zuletzt schon zahlreiche Serien-Projekte angekündigt und eine Online-First-Strategie eingeführt wurden, kündigte Jörg Schönenborn, ARD-Koordinator für Fiktion, nun an, dass man das Budget für den "Film-Mittwoch im Ersten" künftig ganz mit Blick auf die Mediathek investieren werde. Pro Jahr umfasst das etwa 50 Millionen Euro. "Wir wollen die Budgets nicht aufteilen, wir können uns das auch gar nicht leisten", erklärte Schönenborn, der der Mediathek dadurch "noch mehr Drive" verschaffen will.
Dabei gehe es nicht darum, dass die Filme einfach vor TV-Ausstrahlung online gestellt werden, vielmehr wolle man bei Auswahl der Stoffe die Zielgruppen der Mediathek im Auge haben. Ebenfalls ein Zugeständnis an die Online-Nutzung: Künftig soll es weniger Einzelstücke und häufiger kleinere Reihen geben, die in der Mediathek dann als Miniserie vermarktet werden können. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich auch, dass man damit bewusst am Mittwochabend weiterhin sinkende TV-Quoten in Kauf nehmen wird.
Für die hohen TV-Reichweiten und das damit einhergehende Gemeinschaftserlebnis sind stattdessen die Krimis am Sonntag verantwortlich. Dort steht kommendes Jahr nach dem "Tatort" das nächste 50-jährige Jubilläum an: Im Juni wird das damalige DDR-Pendant "Polizeiruf 110" 50, dann mit neuem Team aus Peter Kurth und Peter Schneider und zurück in Halle. Und auch donnerstags hat Das Erste mit seinen Krimis ja zuletzt noch mal erheblich zugelegt, an dieser Strategie hält man weiter fest, ebenso wie an der Ausrichtung des Freitags.
An Fiction-Highlights fürs kommene Jahr kündigte Schönenborn neben der dritten "Charité"-Staffel unter anderem den Vierteiler "Die Toten von Marnow" über Medikamenten-Versuche in der damaligen DDR, den Dreiteiler "Little America" über die "Besiedlung" der Pfalz durch die Amerikanische GIs, das Regie-Debüt von Bjarne Mädel "Sörensen hat Angst", den Film "Ruhe! Hier stirbt Lothar" über einen Mann, der denkt er sei todkrank und dann erfährt, dass es sich nur um eine Fehldiagnose handelte, die Verfilmung der Herstatt-Pleite unter dem Titel "Goldjungs" und weitere Near-Future-Filme im Herbst an.
Vier bis sechs Highlights in der Mediathek im Monat
Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl, die kommendes Frühjahr ja auch die Nachfolge von Volker Herres antreten wird, hob das für den 3. Januar geplante Projekt "Ferdinand von Schirach: Feinde" hervor. Das Besondere: Die Geschichte wird in zwei Filmen aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Während eine Version im Ersten läuft, ist die andere Perspektive zeitgleich in den Dritten und bei One zu sehen. Aus dem Film "Das Begräbnis" wird auch eine Impro-Serie in der Mediathek. Apropos Mediathek: Dort wird das fiktionale Angebot auch durch Lizenz-Zukäufe ergänzt. So gibt's dort im ersten Quartal 2021 "State of the Union" von Nick Hornby und Stephen Frears sowie die norwegische Serie "Beforeigners - Mörderische Zeiten" zu sehen. Auch die Serie "All you need" über vier schwule Männer, die in Zeiten von Online-Dating nach der wahren Liebe suchen, zeigt die ARD in ihrere Mediathek.
Generell bleibt das Ziel, pro Monat vier bis sechs neue Produktionen als Highlights in der Mediathek zu präsentieren, nicht nur aus dem fiktionalen Bereich, sondern auch aus dem Doku oder Show/Comedy-Bereich. Das ganze Segment Unterhaltung wurde in der Pressekonferenz allerdings gar nicht angesprochen, weil hier auch nicht viel Neues zu erwarten ist. Im Show-Bereich bekommt nach "Wer weiß denn sowas?" und "Gefragt Gejagt" auch noch das gerade wiederbelebte "Quiz mit Jörg Pilawa" einen Primetime-Ableger, mit "Quiz ohne Grenzen" wartet wie schon bekannt war auch eine neue Eurovisionsshow mit Pilawa. Im Bereich Comedy gibt's mit "Das Gipfeltreffen" ein neues Format mit Torsten Sträter, Johann König und Olaf Schubert, zudem startet mit "Lebenslieder" ein neues Kulturformat am 26. Januar. Max Mutzke moderiert die Sendung, in der es um Lieder geht, die einen Menschen geprägt haben. Keine Neuigkeiten warten am Vorabend, dort ist Das Erste inzwischen aber ja auch ziemlich erfolgreich aufgestellt.
Superwahl- und Supersportjahr voraus
Aus dem Informations- und Dokubereich soll etwa die Reportagereihe "Rabiat", die mit zwei Staffeln im Frühjahr und Herbst zurückkehrt, auch Jüngere in der Mediathek ansprechen. Neben einer 60-minütigen Doku über 16 Jahre Merkel-Regentschaft entsteht auch eine dreiteilige Doku-Miniserie für die Mediathek, ind er die drei großen Krisen ihrer Regierungszeit beleuchtet werden sollen, auf der Agenda. Und dann soll das "Superwahljahr" natürlich nicht nur im TV, sondern mit spezifisch auf jüngere Wähler zugeschnittenen Formaten auch online ausführlich begleitet werden. Im Doku-Bereich warten Hochglanz-Filme aus der Reihe "Erlebnis Erde" sowie eine dreiteilige Staffel "Alexander Gerst auf Expedition". "Shalom und Hallo" (AT) ist ein Projekt, das mit mehreren Reportagen und Dokumentationen über das gesamte Jahr 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland aufzeigen wird. Zum 60. Jahrestag des Mauerbaus im August 2021 will "Kinder der Teilung" die Folgen der deutschen Teilung nachzeichnen. Und schließlich plant man auch noch ein Dokudrama über das Leben von Rex Gildo.
Ja, und dann wartet 2021 mutmaßlich ja ein besonders dicht gepacktes Sportjahr - sofern Corona es denn zulässt. Handball-WM, Wintersport, die Finals, Fußball-EM, Tour de France, Olympia und natrülich auch noch das "Alltagsgeschäft" aus Bundesliga und DFB-Pokal. Das alles dürfte dafür sorgen, dass sich die ARD zumindest auch 2021 keine allzu großen Sorgen um ihre linearen Reichweiten machen muss - selbst wenn man die Budgets schrittweise stärker mit Blick auf die Online-Nutzung umschichtet.