"Hat Deutschland noch die richtige Strategie?", fragte Anne Will am Sonntagabend in ihrer ARD-Talkshow angesichts der stark steigenden Corona-Infektionszahlen ihre Gäste in einer kurzfristig ins Programm genommenen Ausgabe. Mehrfach wurde innerhalb der Sendung erklärt, wie wichtig es sei, die Kontakte zu reduzieren - doch ausgerechnet am Ende hielt sich ein Teil der Gäste selbst nicht daran.
Der Abspann hatte gerade begonnen, als der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum - mit 91 Jahren selbst Teil der Risikogruppe - auf den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet zuging und sich angeregt unterhielt, ohne den empfohlenen Abstand zu halten. "Wie man eine gute Diskussion und reichlich Appelle an unser aller Vernunft, Disziplin und Verantwortungsgefühl in nur 27 Sekunden Abspannbilder ad absurdum führen kann", kommentierte der Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, kurz darauf auf Twitter.
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Moderatorin Anne Will entschuldigte sich noch in der Nacht. "Wie blöd von mir", twitterte Will und erklärte, dass schon im Rausgehen wieder Masken getragen worden seien. Auch dem NDR war die Szene unangenehm. "Die Situation, die sich am Ende der 'Anne Will'-Sendung vom vergangenen Sonntag spontan ergeben hat, bedauern wir", erklärte eine Sendersprecherin gegenüber DWDL.de. "Wir haben zur Corona-Prävention strenge Hygienevorschriften für alle unsere Sendungen. Entsprechend sind auch die Einweisungen der Gäste."
Kritik kam unterdessen auch von der Ethikerin Christiane Woopen, die Mitglied in Armin Laschets Expertenrat ist. Sie mahnte im WDR die Vorbildfunktion der Politik an. "Das Gefährliche an moralischen Appellen ist immer, dass sie auch für einen selber gelten, und man dann, wenn man mit besonderen Forderungen auftritt, sich dann auch selber daran messen lassen muss", so Woopen. "Insofern haben die Politiker auch selber eine Verantwortung."