Ob wie von der KEF empfohlen und den Ministerpräsidenten schon beschlossen der Rundfunkbeitrag zum Jahreswechsel um 86 Cent steigen wird, hängt noch von der Zustimmung der Länderparlamente ab - und die ist insbesondere in den ostdeutschen Ländern fraglich. Allen voran gilt hier der Landtag von Sachsen-Anhalt als Wackelkandidat, doch auch in Thüringen ist die Entscheidung noch unklar. Ministerpräsident Bodo Ramelow wirbt in einem Interview mit der "FAZ" nun aber für die Zustimmung - ist im Landtag als Chef einer Minderheitsregierung aber auch auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.
Im Interview legt er noch einmal die Rechtslage dar - die besagt nämlich, dass die Länder weitgehend an den Vorschlag der unabhängigen Kommission KEF gebunden sind und nur in sehr begründeten Ausnahmefällen davon abweichen darf. "Eine solche Ausnahmesituation sehe ich nicht, auch wenn die öffentlich-rechtlichen Sender leider nur einen Teil der Aufgaben abgearbeitet haben, die die Länder ihnen aufgetragen haben", so Ramelow. "Sollte es nicht bis Ende des Jahres zu einer Zustimmung aller Länder kommen, werden die öffentlich-rechtlichen Sender wohl vor dem Verfassungsgericht klagen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit recht bekommen. Ein solches Prozedere sollten wir den Sendern, aber auch uns ersparen."
Sparpotential sieht Ramelow beispielsweise bei teuren Sportrechten, aber auch der gegenwärtigen Pensionsabsicherung für Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ins Klagelied über zu hohe Intendantengehälter will der Linken-Politiker aber nicht per se einstimmen, zumal es große Unterschiede zwischen den einzelnen Landesrundfunkanstalten gebe. Er schlägt dabei vor, dass sich "der öffentlich-rechtliche Rundfunk, nicht nur bei den Intendantengehältern, sondern bei der Vergütung insgesamt, stärker am öffentlichen Bereich orientieren sollte". So könnte er sich Compliance-Regeln vorstellen, "die denen von sozial tätigen Unternehmen entsprechen, die im öffentlichen Raum aktiv sind. Die Vergütung müsste wie bei hohen Richtern an die konkrete Aufgabe gekoppelt werden", so Ramelow.
Wichtiger als die jetzige Debatte über 86 Cent wären ohnehin die Diskussion über eine Neufassung des öffentlich-rechtlichen Auftrags. "Wir müssen radikaler über die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren und mehr in Plattformen denken. So könnten unter dem großen Dach ARD etwa Kulturabteilungen für mehrere Anstalten und die Plattform produzieren", macht Ramelow hier seine Position deutlich. Daraus ergebe sich auch die Frage, ob es noch zeitgemäß sei, dass kleinere Anstalten das ganze Programmportfolio abdecken." Aus Zuschauersicht fordert er kostenlose Nutzungsmöglichkeiten auch der Archive. "Anstelle einer Vielzahl von Apps sollte eine öffentlich-rechtliche Plattform treten, die für jeden leicht zugänglich ist. ARD und ZDF haben zu lange im Kulenkampff-Modus verharrt. Es wird Zeit, in den Netflix-Modus umzuschalten."