Leslie Malton, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Schauspiel BFFS, sagt: "Die Berlinale versucht mit ihrer Entscheidung politisch korrekter zu sein als korrekt und erweist den wichtigen Zielen zur Erreichung von Gender- und Diversitätsgerechtigkeit im wahrsten Sinne des Wortes einen Bärendienst. Um mehr gendergerechtes Bewusstsein in der Branche zu erreichen und ein Signal zu setzen, müssen die derzeit benachteiligten Geschlechter sichtbarer werden. Aber die Streichung der Geschlechterkategorien führt zum Gegenteil."
BFFS-Vorstandsmitglied Klara Deutschmann, die das Ressort Gleichstellung in dem Verband verantwortet, pflichtet bei: "Die Deutsche Filmindustrie hat erst vor wenigen Jahren begonnen, geschlechterspezifische Benachteiligungen von Frauen als Problem anzuerkennen, ist aber von gelebter Gleichberechtigung meilenweit entfernt. Immer noch sind weibliche Rollen in deutschen Filmen halb so präsent wie männliche. In dieser Situation den Preis für weibliche Rollen abzuschaffen, wird dazu führen, dass Schauspielerinnen für ihre Leistungen künftig ähnlich wenig gewürdigt werden, wie es bereits jetzt bei den Frauen in den anderen Kategorien der Fall ist."
Antoine Monot, Jr. ergänzt: "Natürlich müssen wir uns auch für die Anliegen und Sichtbarkeit der Kolleg*innen einsetzen, denen wir mit der Verengung auf zwei Geschlechter nicht gerecht werden. Diese Kolleg*innen sind derzeit in den Geschichten, die wir mit unseren Filme erzählen, nicht genügend präsent. Aber unser Engagement darf nicht auf Kosten der Gleichberechtigung von Frauen gehen. Damit ist niemandem gedient."
Auch vom Gleichstellungsbündnis "Pro Quote" kommt Kritik. Die Vorsitzende Barbara Rohm sagt: "Echte Innovation schafft Raum und Sichtbarkeit für Vielfalt und bringt sie nicht noch mehr in Konkurrenz zueinander. Warum wird nicht ein Preis für gendersensible Darstellung hinzugefügt?". Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, die das Festival gemeinsam leiten, hatten die Umstellung so begründet: "Die Auszeichnungen im Schauspielfach nicht mehr nach
Geschlechtern zu trennen, ist ein Signal für ein gendergerechteres Bewusstsein in der Filmbranche."