Am Mittwochabend hat sich die Große Koalition auf ein rund 130 Milliarden schweres Konjunkturprogramm geeinigt, um die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder ans Laufen zu bekommen. Eine Milliarde Euro sollen dezidiert in den Kultur-Bereich fließen, auch hier kam es in den zurückliegenden Monaten bekanntermaßen zu großen Einschnitten, weil Einrichtungen nicht öffnen konnten, Dreharbeiten unterbrochen werden mussten und Werbeeinnahmen zurückgehen. Inzwischen steht auch fest, wie das Geld verteilt werden soll. 

Der größte Teil, 450 Millionen Euro, soll in die vielen kleinen und mittleren, privatwirtschaftlich finanzierten Kulturstätten und -projekte fließen. Diese sollen vor allem bei der Wiederaufnahme ihrer Arbeit unterstützt werden und neue Aufträge an Freiberufler vergeben. Aufgeteilt ist das Geld nach Sparten. Von den 450 Millionen fließen jeweils 150 Millionen in die Bereiche Musik (Live-Musikstätten, Festivals etc.) und Theater und Tanz. 30 Millionen gehen zudem an die Buch- und Verlagsszene sowie Galerien. 120 Millionen Euro gehen an den Filmbereich, hier soll vor allem Kinos unter die Arme gegriffen werden, die zuletzt wochenlang geschlossen waren. Aber auch Mehrbedarfe bei der Produktion werden finanziert - das dürfte zahlreiche Produktionsfirmen und TV-Sender im Land freuen. 

Ansonsten erhalten die privaten TV-Sender aber keinen direkten Zuschuss - anders als übrigens die kommerziellen Radioanbieter, denen die Regierung mit 20 Millionen Euro unter die Arme greift. Die Radios seien durch den Einbruch von Werbeeinnahmen schwer getroffen und hätten angesichts des enormen Informationsbedarfes der Öffentlichkeit weiterhin hohe Personalkosten. Streng genommen trifft das aber auch auf private TV-Sender zu.

Vaunet: Auch kleine TV-Sender betroffen

Gerade erst hat der Privatsenderverband Vaunet ein Hilfspaket für private Medien gefordert (DWDL.de berichtete). Vaunet-Vorsitzender Hans Demmel zeigt sich gegenüber DWDL.de grundsätzlich zufrieden mit den Hilfen und bezeichnet sie als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung". Man wolle nun prüfen, ob die Maßnahmen ausreichend seien, um die negativen wirtschaftlichen Folgen bei den privaten Medien auszugleichen. Demmel: "Es wird nun wesentlich darauf ankommen, dass die privaten Sender durch die geplanten Mittel, insbesondere auch des 'Neustarts Kultur', angemessen berücksichtigt werden. Neben dem Radio sind viele kleinere TV-Spartensender auf Grund der Auswirkungen im Werbemarkt besonders auf entsprechende Hilfen angewiesen." Darüber hinaus setze man sich für weitergehende Anreizmodelle für die kommerzielle Medien- und Kommunikationswirtschaft ein, so Demmel. Erst ein Gesamtpaket könne die Vielfalt im privaten Rundfunk nachhaltig sichern. 

Von den eine Milliarde Euro, die in den Kultur-Bereich fließen, gehen zudem 250 Millionen Euro in Kultureinrichtungen (Clubs, Theater, Kinos, Messen etc.), um diese fit zu machen für die Wiedereröffnung. Gehen soll das Geld vor allem an solche Einrichtungen, deren regelmäßiger Betrieb nicht überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert wird. Eingesetzt werden soll das Geld beispielsweise für die Umsetzung von Hygienekonzepten, Online-Ticketing-Systemen oder der Modernisierungen von Belüftungssystemen.

150 Millionen Euro fließen zudem in die Förderung alternativer, auch digitaler Angebote. "Davon profitieren Projekte im Kontext Museum 4.0 sowie viele neue Formate der Digitalisierungsoffensive des Bundes, die der Vermittlung, Vernetzung und Verständigung im Kulturbereich dienen”", heißt es von der Regierung. Unklar ist derzeit noch, ob diese Förderung auch die Kulturplattformen von ARD und ZDF mit einbezieht.

Last but not least gehen 100 Millionen Euro in Kultureinrichtungen und Projekte, die vom Bund bereits gefördert werden. Damit sollen coronabedingte Einnahmeausfälle und Mehrausgaben ausgeglichen werden. "Mit zusätzlich einer Milliarde Euro unterstützen wir den Neustart des kulturellen Lebens in Deutschland und stellen die Weichen auf Zukunft. Mit Stolz sage ich: Das ist ziemlich genau die Hälfte unseres Jahreshaushalts, der ja ohnehin in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen ist", sagt Kulturstaatsministerin Monika Grütters über das Hilfspaket der Regierung. "Wir wollen unsere einzigartige Kulturlandschaft retten und den Künstlerinnen und Künstlern eine Perspektive geben." Mit dem Programm leiste man einen Beitrag, der "international seinesgleichen sucht". 

Sonstige Maßnahmen, die der Branche helfen könnten

Aber auch neben der Förderung, die explizit für den Kulturbereich vorgesehen ist, profitieren wohl Unternehmen und Einrichtungen aus der Branche von dem insgesamt 130 Milliarden Euro schweren Hilfspaket. So soll die Mehrwertsteuer bis Ende des Jahres von 19 auf 16 Prozent (bzw. von 7 auf 5 Prozent) abgesenkt werden. Außerdem werden kleine und mittelständische Unternehmen mit insgesamt 25 Milliarden Euro zwischen Juni und August unterstützt. Antragsberechtigt sind Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 Prozent fortdauern. Erstattet werden bis zu 50 Prozent der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 Prozent können bis zu 80 Prozent der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate. 

Positiv über das Konjunkturprogramm geäußert hat sich die Produzentenallianz. "Die Bundesregierung setzt mit der zusätzlichen Kultur-Milliarde ein wichtiges Zeichen für die durch die Corona-Krise schwer getroffenen Branchen in der Kulturwirtschaft. Nun gilt es rasch und zielgenau die Rahmenbedingungen zu setzen, um den Kulturbetrieb im Land wieder zum Laufen zu bringen." Für die Filmbranche sei es  von "höchster Wichtigkeit", dass diese Rahmenbedingungen auch einen Ausfallfonds beinhalten, damit  Produzenten eine Abdeckung für Corona-bedingte Ausfallrisiken erhielten, so die Produzentenallianz, die seit einiger Zeit für einen solchen Fonds wirbt. Derzeit ist der aber noch nicht in Sicht. Pandemieschäden sind zurzeit nicht über die klassischen Versicherungen gedeckt, weshalb das Ausfallrisiko die Produktionsunternehmen voll treffen würde. "Solche finanziellen Risiken wären gerade für kleine und mittlere Unternehmen, aber auch für große Produzenten sehr schnell existenzbedrohend. Produktionsunternehmen brauchen die Gewissheit, dass sie bei erneuten Drehstopps mit den finanziellen Risiken nicht allein gelassen werden. Wir setzen uns deshalb vehement dafür ein, dass dieses Instrument umgehend eingerichtet wird", so Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz.