Das Schreiben trägt den Titel "Änderung Zahlungsziele mit Wirkung zum 15. April 2020" und hat nachvollziehbarerweise bei nicht wenigen Empfängern für Irritationen gesorgt. Nachdem sich die ProSiebenSat.1 Media SE vor zwei Wochen, wie auch die drei anderen großen Sendergruppen ARD, ZDF und Mediengruppe RTL, zu einer Unterstützung der Produzentenlandschaft in der Corona-Krise bekannte, konterkariere die jetzt angekündigte Maßnahme jedes Hilfsangebot, beklagen mehrere deutsche TV-Produzenten am Montag im Gespräch mit DWDL.de.
"Im Namen der ProsiebenSat.1 Media SE möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir eine Änderung in den Zahlungsbedingungen ab dem 15. April 2020 auf 90 Tage Netto vornehmen werden. Diese Änderung gilt in Geschäftsbeziehungen mit der ProSiebenSat.1 Media SE sowie allen mit der ProSiebenSat.1 Media SE nach §§ 15ff. AktG verbundenen Unternehmen. Diese Änderung gilt für alle bis zum 15. April 2020 noch nicht gezahlten Rechnungen, sowie für alle zukünftige Beauftragungen und ist bis 30.09.2020 befristet (Eingangsdatum Rechnung). Ab dem 01. Oktober 2020 finden die aktuell vereinbarten Zahlungsbedingungen wieder Anwendung", heißt es in dem Schreiben.
Das Zahlungsziel bei der ProSiebenSat.1 Media SE lag bisher bei 30 Tagen. Mit der Änderung verschafft sich der TV-Konzern den Spielraum, jetzt gestellte Rechnungen bis Ende zu begleichen. "Wir werden selbstverständlich allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Wir wollen lediglich das Zahlungsziel auf 90 Tage ausweiten, um uns in den aktuell unsicheren Zeiten die nötige finanzielle Flexibilität zu sichern", erklärt Konzernsprecherin Stefanie Rupp-Menedette auf DWDL.de-Nachfrage.
Und weiter: "Jeder unserer Geschäftspartner wird jedoch seine berechtigten Forderungen wie immer erhalten. Wichtig ist uns in dieser Situation, dass wir auf die konstruktive Zusammenarbeit mit allen unseren Partnern setzen und sind sicher, ggf. auch im Einzelfall gemeinsam sinnvolle Lösungen zu finden." Auch im besagten Schreiben heißt es: "Sollten Sie mit dieser Anpassung nicht einverstanden sein, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Corporate Procurement." Alternativ könne auch eine eMail an eine angegebene Kontaktadresse geschickt werden.
Das Schreiben, das manche Geschäftspartner besorgt, endet mit den Worten: "Wir bedanken uns für Ihr Verständnis im Hinblick auf diese außergewöhnliche Situation und freuen uns weiterhin auf eine gute, erfolgreich und langfristige Zusammenarbeit." Mehrere Produzenten stören sich weniger an einer Verlängerung des Zahlungsziels unter den gegebenen Umständen, doch eine Erhöhung auf bis zu 90 Tage sei heftig. Hoffnung besteht allerdings: Offenbar sollen kleinere Unternehmen und Selbstständige vorrangig bedient werden. Dies sei ihm versichert worden, berichtet ein Dienstleister am Nachmittag im Gespräch mit DWDL.de.
Naheliegend bei der Aufregung um die veränderten Vertragsbedingungen bei ProSiebenSat.1 ist eine Nachfrage bei der Mediengruppe RTL Deutschland. Sind ähnliche Maßnahmen zur Flexibilität und Liquiditätssicherung auch in Köln geplant? Laut Christian Körner, Sprecher der Mediengruppe RTL Deutschland, zumindest nicht pauschal: "Wir werden alles daran setzen, dass langjährige Geschäftsbeziehungen tief in unser Produktions- und Kreativnetzwerk hinein die Corona-Krise überdauern. Als verlässlicher Partner, der gemeinsam nach individuellen Lösungen sucht. Auch und gerade dann, wenn´s mal schwieriger wird. Pauschale Verschiebungen von Zahlungszielen sind daher nicht geplant.“