Das Coronavirus sorgt dafür, dass die Menschen derzeit mehr Fernsehen schauen. Das legen zumindest Daten der AGF Videoforschung nahe. "Dies kann darauf hindeuten, dass sich die Menschen abends aufgrund der aktuellen Situation derzeit mehr zu Hause aufhalten", sagt Kerstin Niederauer-Kopf, die Vorsitzende der Geschäftsführung der AGF Videoforschung, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der Anstieg ist besonders deshalb auffällig, weil die gesamten Zuschauerzahlen seit Jahren eher rückläufig sind, vor allem in den jungen Zielgruppen.
Im Februar lag die durchschnittliche Sehdauer beim Gesamtpublikum bei 228 Minuten am Tag – das sind zwei Minuten mehr als im Februar 2019. "Dieser Trend scheint sich im März fortzusetzen", sagt die AGF-Chefin. "Insbesondere die Sehdauern in der Primetime entwickeln sich im Februar und März im Vergleich zu den Vorjahresmonaten leicht überdurchschnittlich", so Niederauer-Kopf.
Von der jetzigen Situation würden insbesondere "private Sender mit starken Unterhaltungssendungen" profitieren, so die AGF-Chefin. Aber nicht nur. Der Fernseher dient laut Niederauer-Kopf zudem vermehrt als Informations-, Nachrichten- und Talklieferant. "Sender mit gelernt hoher Nachrichtenkompetenz, wie beispielsweise die Sender von ARD und ZDF, daneben Welt und ntv profitieren überdurchschnittlich vom gestiegenen Informationsbedürfnis." Das gelte sowohl im Gesamtpublikum, als auch in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. "Daraus schließen wir, dass die Menschen gerade in unsicheren Zeiten Qualitätsjournalismus und saubere Recherche zu schätzen wissen: Nachrichtensendungen werden auf allen Kanälen derzeit sowohl im Jahrestrend als auch im Vorjahresvergleich stärker genutzt."
Ursache für die steigende TV-Nutzung dürfte vor allem sein, dass sich die Menschen nur noch so wenig wie nötig in der Öffentlichkeit befinden. Denjenigen, die sich vom Virus nicht einschränken lassen wollen, bekommen durch Absagen aller Art weniger Freizeitalternativen geboten.
Einerseits können sich die Fernsehsender natürlich über gestiegene Sehdauern freuen, allerdings sorgt das Coronavirus auch für negative Auswirkungen. Etliche Shows und Produktionen sind bereits abgesagt oder verschoben worden, einige müssen künftig erst einmal ohne bzw. mit weniger Publikum produziert werden. Gut möglich auch, dass die Vermarkter das Virus spüren werden, weil etwa Reise-Unternehmen Werbebuchungen stornieren. ProSiebenSat.1 erklärte etwa zuletzt bei Vorlage der Geschäftszahlen, dass die konkreten Corona-Auswirkungen auf 2020 noch nicht absehbar seien.