Als ProSiebenSat.1-Chef Max Conze im vergangenen Jahr die Geschäftszahlen für 2018 vorgestellt hat, musste er einen Umsatzrückgang verkünden. Das blieb ihm jetzt erspart: Im Jahr 2019 ist der Umsatz des Medienkonzerns um drei Prozent auf 4,135 Milliarden Euro gewachsen. Gelungen ist das auch, weil mittlerweile der Umsatz des Nicht-TV-Werbegeschäfts bei 52 Prozent des Konzernumsatzes liegt. Im Bereich der TV-Werbung lief es im vergangenen Jahr bekanntlich schlecht, hier musste man einen Rückgang um fünf Prozent hinnehmen.
Ungeachtet der negativen Entwicklung in der TV-Werbung hat ProSiebenSat.1 2019 viel in den klassischen Entertainment-Bereich investiert. Gar nicht auszudenken wie hoch das Minus in der Werbung ausgefallen wäre, hätte man darauf verzichtet. Wegen dieser Investitionen ist aber auch das adjusted EBITDA um 14 Prozent auf 872 Millionen Euro gesunken. Das Konzernergebnis stieg dagegen im gleichen Zeitraum um 65 Prozent auf 412 Millionen Euro. Grund dafür war unter anderem, dass es weniger Sondereffekte als noch 2018 gab.
Nach Segmenten gegliedert ist der Bereich Entertainment nach wie vor der stärkste, hier ist allerdings auch der Bereich Fernsehen eingegliedert, weshalb der Umsatz hier im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 2,52 Milliarden Euro zurückging. Besser als die klassische TV-Werbung entwickelte sich etwa das digitale und smarte Werbegeschäft (u.a. Addressable TV, Joyn), das mit 38 Prozent im Plus lag. Das Segment Content Production & Global Sales (Red Arrow Studios) steigerte seinen Umsatz im Gegensatz dazu um satte 18 Prozent und kam 2019 auf 652 Millionen Euro Umsatz. Und auch die NuCom Group wuchs um 16 Prozent und erzielte einen Umsatz in Höhe von 965 Millionen Euro.
Die 2019 eingeschlagene Strategie, also Investitionen in lokale Inhalte, Ausbau der digitalen Reichweite insbesondere durch Joyn und die Stärkung des Bereichs Addressable TV, will man auch 2020 fortsetzen. ProSiebenSat.1 nennt hier vor allem das gemeinsam mit der Mediengruppe RTL betriebene Joint Venture d-force als wichtigen Baustein der diesjährigen Strategie. Die NuCom Group soll zudem deutlich durch eine Übernahme wachsen: So will die Commerce-Sparte von ProSiebenSat.1 und General Atlantic den US-amerikanischen Online-Dating- und Social-Entertainment-Anbieter The Meet Group übernehmen.
NuCom übernimmt nächsten Dating-Anbieter
NuCom bietet den bisherigen Aktionären der The Meet Group 6,30 Dollar pro Aktie, das Unternehmen wird damit mit 500 Millionen US-Dollar bewertet. Die Übernahme soll in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen sein und sich positiv auf das Konzern-Gesamtergebnis auswirken. The Meet Group soll das vorhandene Dating-Angebot der NuCom Gruppe ergänzen. Während die Parship Gruppe bislang mit Marken wie Parship, ElitePartner sowie eharmony auf klassische Online-Partnervermittlung abzielt, konzentriert sich die The Meet Group auf Social Dating- und Social Entertainment-Apps.
Max Conze, CEO der ProSiebenSat.1 Media SE, sagt zur angestrebten Übernahme: "Die Übernahme der The Meet Group zählt zu den bislang größten ProSiebenSat.1-Transaktionen. Sie bringt uns unserem Ziel einen deutlichen Schritt näher, einen führenden globalen Player im Online-Dating-Markt zu schaffen. Wir sind davon überzeugt, dass wir durch die Kombination dieser erfolgreichen und komplementären Unternehmen auch Synergien innerhalb von ProSiebenSat.1 heben werden. So wollen wir das Wachstum unseres Marktanteils im deutschen Live-Video-App-Geschäft ausbauen." Die Meet Group hat in den letzten zwölf Monaten zum 30. September 2019 rund 206,5 Millionen US-Dollar Umsatz sowie rund 39,5 Millionen US-Dollar bereinigtes EBITDA erwirtschaftet.
Bei der Dividende müssen Aktionäre von ProSiebenSat.1 erneut schlechte Nachrichten hinnehmen. Nachdem diese im vergangenen Jahr erstmals deutlich gesenkt wurde, erhalten sie auch 2020 weniger Geld. So will man rund 50 Prozent des adjusted Net Income ausschütten. Der Vorstand empfiehlt daher nun, 0,85 Euro je Aktie als Dividende auszuschütte. Im Vorjahr waren es noch 1,19 Euro pro Aktie, davor sogar fast zwei Euro.
"Auch die jeweils zweistelligen Wachstumsraten von Red Arrow Studios und NuCom Group zeigen, dass wir die richtigen Prioritäten setzen."
ProSiebenSat.1-CEO Max Conze
Max Conze sieht den Konzern auf einem guten Weg: "Der Umbau von ProSiebenSat.1 zum diversifizierten Digitalkonzern kommt gut voran. Trotz einer Branche im Umbruch und schwieriger Rahmenbedingungen im TV-Werbemarkt haben wir es geschafft, unseren Umsatz um 3 Prozent zu steigern. Gleichzeitig kam im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte unseres Umsatzes nicht mehr aus dem TV-Werbegeschäft. Wir machen große Fortschritte im Bereich der digitalen und smarten Werbung mit einem Umsatzanstieg um 38 Prozent. Auch die jeweils zweistelligen Wachstumsraten von Red Arrow Studios und NuCom Group zeigen, dass wir die richtigen Prioritäten setzen." Der letzte Satz ist vor allem in Bezug auf Red Arrow interessant. Derzeit sieht es ja noch so aus, als wolle ProSiebenSat.1 Red Arrow trotz der guten Entwicklung verkaufen. Dazu äußerte sich Conze in der Pressemitteilung zu den Geschäftszahlen 2019 aber gar nicht.
Conze weiter: "Im TV-Geschäft greift unser Fokus auf lokale Inhalte immer besser und unsere digitale Reichweite nimmt stetig zu, nicht zuletzt dank der stark gestarteten Streaming-Plattform Joyn. Das Geschäftsjahr 2019 unterstreicht, dass es richtig war, in Zukunftsinitiativen zu investieren. Diesen Weg setzen wir konsequent fort: Wir wollen nachhaltig wachsen und somit zusätzlichen Wert schaffen. Auf das bisher Erreichte können wir stolz sein – unser Dank geht daher an unser starkes ProSiebenSat.1-Team, das unsere Transformation Tag für Tag in das operative Geschäft übersetzt."
Finanzvorstand Rainer Beaujean erklärte, das Umsatzwachstum in diesem Jahr fortsetzen zu wollen. Gleichzeitig soll das adjusted EBITDA "stabilisiert" werden. Große Sprünge sind hier also nicht zu erwarten. Beaujean räumt aber auch ein: "Hierbei wird die Entwicklung unserer Entertainment-Werbeerlöse eine entscheidende Rolle spielen." In dem Ausblick nicht enthalten sind zudem positive Effekte, die die Übernahmen der The Meet Group wahrscheinlich haben wird, wie auch die negativen Effekte, ausgelöst etwa durch die Auswirkungen des Coronavirus.