Die offizielle Übergabe des KEF-Berichts fand zwar erst ein paar Stunden später statt, doch die wesentlichen Zahlen – vor allem der empfohlene Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro – waren in der Branche bereits ein offenes Geheimnis. Und so betrieb Heinz Fischer-Heidlberger auf dem Deutschen Produzententag auch gar keine Geheimniskrämerei. Stattdessen nutzte der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) die Gelegenheit, um die versammelten Programmlieferanten über einen Missstand bei der ARD zu informieren, der diese brennend interessieren dürfte: "Fürs Programm wurde weniger Geld ausgegeben, als wir bewilligt hatten", so Fischer-Heidlberger.
Während das ZDF in der laufenden Beitragsperiode alle bewilligten Finanzmittel fürs Programm verwendet habe, seien aufseiten der ARD insgesamt 740 Millionen Euro an bewilligten Mitteln nicht ausgegeben worden, davon 314 Millionen Euro beim Programmaufwand. Dies müsse man im Hinterkopf haben, wenn die Anstalten sich über Geldknappheit beklagten, so Fischer-Heidlberger. MDR-Intendantin Karola Wille, die auf demselben Panel saß, konnte dem nicht wirklich widersprechen und betonte daher nur, die ARD habe ihr Auftragsvolumen an Produzenten im vorigen Jahr um 22 Millionen auf 814 Millionen Euro erhöht.
Da die Öffentlich-Rechtlichen immer noch die größten Auftraggeber im Markt sind, ist deren finanzielle Ausstattung aus Sicht der Produzentenallianz von zentraler Bedeutung. Der Verband hatte sich bereits vor einem Jahr für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen (DWDL.de berichtete), die nun voraussichtlich erfolgen wird, wenn auch nicht so stark wie von ARD und ZDF erhofft. Ebenso wichtig ist für die Produzenten natürlich die Frage, wie die Anstalten mit dem Geld umgehen, das ihnen zur Verfügung steht. Wenn offiziell von der KEF bewilligte Programmgelder in dreistelliger Millionenhöhe nicht genutzt werden, wirft das entsprechende Fragen auf. Zumal der KEF-Vorsitzende auch anmerkte, es fehlten noch immer einige Verwendungsnachweise von der ARD, wohingegen das ZDF pünktlich geliefert habe.
Unabhängig davon bemühten sich die Sendervertreter auf dem Produzententag darum, ihre notwendigen Sparanstrengungen bei gleichzeitigem Ausbau des nonlinearen Programmangebots herauszustreichen. "Wenn Sie uns auf dem Lerchenberg besuchen, kommen Ihnen die Tränen, weil wir alles ins Programm stecken", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut, der auf dem Panel ohnehin weniger Rechtfertigungsdruck hatte als seine ARD-Kollegin. Für einen Mediathek-Hit wie "Bad Banks" bekam Bellut zusätzliches Lob, selbst von Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die sich als Fan der Serie outete. Bei aller Diskussion um Sinn und Unsinn des KEF-Verfahrens legte der ZDF-Chef ein klares Bekenntnis ab: "Ich hänge an der KEF, weil sie die nötige Staatsferne bei der Entscheidung über unsere Finanzierung sicherstellt. Stellen Sie sich mal vor, Marietta Slomka würde den Finanzminister interviewen, der dann zwei Tage später über unseren Etat zu entscheiden hätte."
"Wir haben die besten Voraussetzungen, unser gemeinsames Geschäftsmodell ins Digitale zu überführen"
Henning Tewes, Mediengruppe RTL Deutschland
Den wohl stärksten Rückenwind der Produzenten erntete allerdings ein Vertreter der Privaten. Die tags zuvor angekündigten elf neuen Originalserien für die Streaming-Plattform TV Now (DWDL.de berichtete) waren nicht nur Gesprächsthema auf dem Produzententag, sondern machten Henning Tewes auch zum besonders gern gesehenen Gast. Der COO Programme Affairs & Multichannel der Mediengruppe RTL Deutschland und Co-Geschäftsleiter von TV Now sprach von der "Vorfreude auf ein neues Miteinander" und machte all seinen potenziellen Auftragnehmern Hoffnung: "Wir haben die besten Voraussetzungen, unser gemeinsames Geschäftsmodell ins Digitale zu überführen. Menschen sind bereit, für unsere Inhalte zu bezahlen. Das kann längst nicht jeder in der Medienbranche von sich behaupten."
Tewes punktete bei den Produzenten jedoch nicht nur mit der erhöhten Zahl an Serienaufträgen. Auch bei der künftigen Aufteilung von Rechten zwischen Sender und Produzent gelang eine wichtige Einigung: Die Mediengruppe RTL Deutschland und die Entertainment-Sektion der Produzentenallianz haben Eckpunkte für die Entwicklung und Pilotierung neuer Unterhaltungsformate beschlossen. Demnach sollen Produzenten in einem dreistufigen Modell an Formatrechten und internationalen Programmverkäufen beteiligt werden, je nachdem wie viel sie in die Entwicklung investiert haben.
Auf der ersten Stufe sind schon ein Papierkonzept und ein Moodtape genug, um gewisse Anteile zu generieren. Die Ansprüche können gar bis zur Zahlung einer inländischen Formatlizenz ab der zweiten Staffel reichen oder zum Vorrecht des Produzenten, den internationalen Lizenzverkauf selbst zu übernehmen. "Völlig neuartig, das gibt's so bei anderen Sendern nicht", urteilte Imago-TV-Chefin Andrea Schönhuber. Und Gabriele Walther, Geschäftsführerin der Caligari Film, ergänzte: "RTL ist aufgewacht."