"Auch wir haben gemerkt, dass nicht mehr alle Menschen linear gucken", begrüßte Christine Strobl ihre Gäste. Die Geschäftsführerin der ARD Degeto und ihr Redaktionsleiter Christoph Pellander hatten am Vorabend der Berlinale einige jener Macher und Stars versammelt, die in nächster Zeit neue Serien für eine Premiere in der ARD-Mediathek beisteuern werden. "Es gibt Kinder und Jugendliche, die nicht mehr wissen, was die Öffentlich-Rechtlichen sind", so Strobl weiter. "Das können wir nicht so stehen lassen."
Da es ARD und ZDF inzwischen gesetzlich erlaubt ist, auch Programme für eine reine Online-Nutzung zu beauftragen, werden zunehmend Mittel umgeschichtet, um möglichst auch Zuschauer zu erreichen, die eher On-Demand-Inhalte abrufen als Live-TV zu schauen. Der neue stellvertretende ARD-Programmdirektor und Channel Manager der Mediathek, Florian Hager, versprach den Produzenten in Berlin denn auch, Impulse dafür zu geben, dass "die ARD die Kurve noch kriegt".
Zu den Projekten, die zumindest ihren ersten Aufschlag in der ARD-Mediathek erleben werden, zählt der Politthriller "Kaltenmorgen", den Maria Furtwängler mit ihrer Firma Atalante Film und die UFA Fiction gemeinsam produzieren. Nach Drehbüchern von Susanne Schneider spielt Furtwängler die parlamentarische Staatsministerin Eva Kaltenmorgen, die mit ihrer rigiden Sicherheitspolitik Karriere macht und Verteidigungsministerin wird. Als sie feststellt, dass dunkle Mächte von rechts ihr den Weg bereitet haben, muss sie sich entscheiden, entweder skrupellos weiterzumachen oder die Machenschaften aufzudecken. "Wir zielen mit diesem Herzensprojekt mitten ins Herz der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland", so Furtwängler, die seit fünf Jahren an dem Stoff arbeitet. Die zweimal 90 Minuten sollen im Herbst gedreht werden.
Einen neuen Dreh hat unterdessen das schon vor einem Jahr angekündigte Serienvorhaben "Kaufhaus des Westens" genommen, bei dem die Constantin-Film-Tochter Moovie und die UFA Fiction erstmals zusammenarbeiten. Autorin und Regisseurin Julia von Heinz kündigte an, die sechs Episoden aus der Perspektive von vier jungen Menschen mit konträren Meinungen und Möglichkeiten zu erzählen. Vor dem Hintergrund der realen Geschichte des KaDeWe soll es sowohl um jüdische Enteignung im Nationalsozialismus als auch um eine große lesbische Liebe gehen.
Unter dem Arbeitstitel "Beste Kollegen" entsteht ein Sechsteiler, in dem die von Friederike Becht verkörperte Zielfahnderin Sunny Becker vom LKA Magdeburg nicht nur einen brutalen Frauenmörder jagt, sondern gleichzeitig auch den Mann sucht, der sie selbst vergewaltigt hat. Regisseur Florian Baxmeyer versprach einen "extrem schnellen Thriller mit einer komplexen Heldin, die auch mal scheitern darf". Für die Drehbücher der Rowboat-Produktion zeichnen Klaus Arriens und Thomas Wilke verantwortlich.
Improvisation in Serie darf zum ersten Mal Regisseur Jan Georg Schütte liefern, der bislang durch Impro-Filme wie "Altersglühen", "Klassentreffen" oder zuletzt den "Tatort: Das Team" aufgefallen ist. In "Das Begräbnis", produziert von Florida Film, werden die Nachfahren des versorbenen Patriarchen Dieter Meurer bei dessen Beerdigung mit jeder Menge unerwarteter Enthüllungen aus seiner Vergangenheit in der ehemaligen DDR konfrontiert. Charly Hübner, Claudia Michelsen und Anja Kling spielen die Hauptrollen. An drei Drehtagen im März sollen ein 90-Minüter und sechs 45-Minüter entstehen, die mit 40 Kameras gedreht werden und zum Jahresende in der Mediathek erscheinen sollen.
Schauspieler Christian Berkel, der als Schriftsteller den Bestseller-Roman "Der Apfelbaum" über eine Familiengeschichte zur Zeit des Dritten Reichs und die Auswirkungen auf die nachfolgende Generation geschrieben hat, stellte in Berlin die geplante Verfilmung als Miniserie vor. Dafür hat die Produktionsfirma X Filme Bernd Lange als Drehbuchautor verpflichtet. Weitere Projekte sind der achtteilige Thriller "Die Toten von Marnow" (Buch: Holger Karsten Schmidt, Regie: Andreas Herzog, Produktion: Polyphon) sowie der bereits angekündigte Ferdinand-von-Schirach-Zweiteiler "Der Feind – Recht oder Gerechtigkeit" mit Klaus Maria Brandauer und Bjarne Mädel, den Oliver Berben mit der Moovie produziert (DWDL.de berichtete).