Jürgen Domian wirkt entspannt. "Ich habe der Nachtarbeit keine Sekunde nachgeweint und komme sehr erholt aus der Sabbatzeit zurück", erzählt er beim Pressegespräch in der Kantine der WDR-Arkaden. Dass der Sender hierhin eingeladen hat, liegt nahe, denn der große Raum mit den Fenstern hin zur Nord-Süd-Fahrt dient als Studio für Domians neue Sendung. "Domian live" nennt sich das Format – und der Name ist Programm: Mit jeweils rund vier Gästen wird der Moderator ab dem 8. November vier Wochen lang jeden Freitag um 23:30 Uhr sprechen, vor Studio-Publikum, live und ohne doppelten Boden.
Viel mehr ist nicht bekannt. Kein Wunder, schließlich versteht sich die Sendung als eine Art Wundertüte, denn Domian soll weder die Gäste noch ihre Themen kennen. Aktuell weiß noch nicht einmal die Redaktion, was sie erwartet. "Wir sind für alles offen", sagt WDR-Redakteurin Elke Thommessen und hofft darauf, dass sich in den nächsten Wochen möglichst viele Menschen mit spannenden Geschichten per Telefon oder Mail melden werden. Wer als Gast in Frage kommt, wird von der Redaktion persönlich gesucht und danach im besten Fall nach Köln zum Einzelgespräch mit Jürgen Domian eingeladen.
"Für mich ist das sehr attraktiv, weil ich nach ungefähr 22.000 Telefoninterviews meine Gäste endlich sehen kann", sagt Domian und spricht von einer "behutsamen Weiterentwicklung der Nachtsendung". Dass die Hemmschwelle höher ist als bei seinem Telefontalk, den er mehr als 20 Jahre präsentierte, glaubt er nicht. "Natürlich gibt es eine gewisse Prozentzahl an Intimität, die diese Sendung nicht bieten kann. Aber 85 Prozent derjenigen, die sich in der Nacht geäußert haben, gehen auch vor die Kamera", mutmaßt der Moderator.
Seine Hoffnung speist sich aus mehreren Veranstaltungen. Bereits vor rund 20 Jahren wurde auf dem Kölner Rudolfplatz der Pilot einer ganz ähnlich angelegten Sendung produziert und auch mit Atze Schröder zusammen machte er schon einmal einen Talk vor Publikum. Damals, erinnert sich Domian, habe ein Mann erzählt, wie er für 20 Mark seine Nachbarin umbrachte. "Er kam auf die Bühne und es war mucksmäuschenstill." Geht es nach ihm, dann darf sich das Publikum in seiner neuen Sendung aber gerne einmischen, wahlweise direkt im Studio oder auch per Skype.
"Unsere Verantwortung setzt in dem Moment ein, in dem wir jemanden schützen müssen."
Jürgen Domian
Thematisch sollen jedenfalls keine Grenzen gesetzt sein, so wie schon einst beim nächtlichen Talk. "Diese Freiheit gibt es wieder", sagt Jürgen Domian - und nennt eine Ausnahme. Mit Pädophilen habe man in der Anonymität der Nacht sprechen können, vor einer Kamera gehe das aber nicht. "Unsere Verantwortung setzt in dem Moment ein, in dem wir jemanden schützen müssen." Damit nichts schiefgeht, gehören der Redaktion auch einige Mitarbeiter an, die schon in der Vergangenheit über viele Jahre hinweg für Domian arbeiteten.
Ob die neue Show nach vier Wochen noch genauso aussieht wie bei der Premiere, ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. "Wir treten nicht mit dem Anspruch an, mit Folge eins schon eine perfekte Sendung zu machen", beteuert Elke Thommessen. Sicher ist allerdings, dass sich am Live-Anspruch nichts ändern wird. "Konserven-Sachen" finde er grässlich, sagt Domian. "Ich lechze nach Live-Sendungen. Es erhöht die Spannung für die Zuschauer und für mich, wenn es live ist und nichts frisiert." Domian, das ist die Botschaft dieses Nachmittags, hat wieder Lust. Nach fast drei Jahren Talk-Pause kommt das Comeback gerade recht.
Wer als Gast in der Sendung dabei sein möchte, kann sich unter der Nummer 0800 220 8899 oder per Mail unter domian@wdr.de melden.