"Sex-Mobbing-Vorwürfe", "Suff-Exzesse im Rathaus?", "Nazi-Vorwürfe", "Ekel-Vorwürfe" - unter diesen vier Überschriften berichteten die Frankfurter Ausgabe der "Bild"-Zeitung sowie bild.de im Herbst 2016 an vier aufeinanderfolgenden Tagen großflächig und ausführlich unter Nennung zahlreicher Details über einen damals als womöglich "schlimmster Vorgesetzter Deutschland" bezeichneten Mitarbeiter einer Stadtverwaltung. Sein Name wurde genannt, Fotos von ihm fanden sich großformatig in der Zeitung wieder.
Einzige Quelle der gesamten Artikelserie war ein sogenanntes "Mobbing-Tagebuch", das eine ehemalige Mitarbeiterin geführt hatte. Sie hatte damals aufgrund des angeblichen Mobbings durch den Fachbereichsleiter die Stadt auf Schmerzensgeld verklagt und dieses Tagebuch als Beweis vor Gericht vorgelegt. "Bild" verbreitete all diese Vorwürfe, ohne sie vorher auf ihren Wahrheitsgehalt ausreichend zu prüfen. Genau dazu wäre "Bild" bei solchen nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen aber verpflichtet gewesen. "Bild" hatte aber noch nicht mal dem Mann ausreichend Gelegenheit gegeben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, wie das Landgericht nun urteilte.
Vor Gericht stelllte sich nun jedenfalls heraus, dass die Vorwürfe offenbar unbegründet waren - so zumindest die Auffassung des Landgerichts Frankfurt. Im Verfahren wurden zahlreiche Zeugen angehört, die die Vorwürfe aus dem Mobbing-Tagebuch nicht bestätigen konnten. Das Gericht stufte die Verfasserin des Mobbing-Tagebuchs als unglaubwürdig ein, ihre Aussagen seien "in einer Vielzahl von Punkten durch mehrere Zeugen glaubhaft widerlegt" worden.
"Die Beklagten haben in schwerwiegender Art und Weise gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung und die den Beklagten obliegenden journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen, indem sie in vorverurteilenden Weise, ohne hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme, unter Missachtung des Wechselbezugs von Dichte des Verdachts auf der einen Seite und Art und Weise der Berichterstattung auf der anderen Seite […] über den Kläger berichtet haben", so das Gericht in seinem Urteil, gegen das noch Rechtsmittel eingelegt werden können. Das Gericht untersagte nun nicht nur die Veröffentlichung zahlreicher Aussagen und Fotos, in den vier Einzel-Urteilen zu den jeweiligen Artikeln wurde dem Mann zudem insgesamt eine Geld-Entschädidung in Höhe von zusammen 110.000 Euro zugesprochen.