Sehr selbstbewusst präsentieren sich die ARD-Werbechefs in diesen Tagen. Im Interview mit dem Branchendienst "Horizont" haben AS&S-Chefin Elke Schneiderbanger und Uwe Esser, Leiter der TV-Vermarktung, nicht nur über den eigenen Erfolg des vergangenen Jahres gesprochen, sondern auch gegen die Zeitungsbranche gekeilt. Die Qualität im Printbereich sei "selbst bei den sogenannten Entscheidermedien zu diskutieren", sagte Esser.
Schneiderbanger zog den Relotius-Skandal des "Spiegel" als Beleg für diese These heran. "Wie muss es denn in den Redaktionen zugehen, wenn Journalisten glauben, auf diese Art gewünschte Geschichten kreieren zu müssen?", fragte sie. Radio und Fernsehen profitierten ihrer Ansicht nach auch von den Problemen der Zeitungen. "Im Umfeld der Tagesschau und an der Sportschau, aber auch im Radio, können wir das festmachen: Werbung, die früher noch großflächig in der Zeitung gelaufen ist, findet jetzt im Fernsehen statt."
Die erstaunlich starke Kritik an den Zeitungen sorgt inzwischen auch innerhalb der ARD für Verwunderung. BR-Intendant Ulrich Wilhelm, der aktuell als ARD-Vorsitzender amtiert, stellte sich gegen Schneiderbanger und Esser. Die ARD-Pressestelle teilte auf Nachfrage mit, dass Wilhelm die Auffassung nicht teile. "Seit Jahren betont Ulrich Wilhelm vielmehr das Miteinander von Medien in einer Verantwortungsgesellschaft. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bestehe kein Anlass zur Abgrenzung gegenüber den Zeitungen", hieß es.
Kritik kam auch vom Deutschen Journalisten-Verband. "Die ARD-Werber tun so, als ob die Fälschungen eines Claas Relotius in Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen an der Tagesordnung seien", kritisierte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. "Das ist eine bodenlose Frechheit." Die Attacke von Schneiderbanger und Esser sei "null Sachkenntnis" geprägt und "verheerend für die Glaubwürdigkeit der Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen". Der wirtschaftliche Erfolg von AS&S dürfe nicht zum Verlust der Bodenhaftung führen.