Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in den letzten Jahren verstärkt in die Kritik geraten. Spätestens seit der "No Billag"-Abstimmung in der Schweiz, in der die Rundfunkbefürworter die Oberhand behielten, ist auch den letzten bei ARD und ZDF klar, dass sie gut argumentieren müssen, wenn es um die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen geht. Selbstverständlich ist gar nichts mehr. Die ARD hat nun ein Gutachten erstellen lassen, aus dem hervorgeht, wie man in der öffentlichen Diskussion wieder die Oberhand gewinnen will.
Konkret geht es in dem Gutachten über die Sprache, die man als Befürworter von ARD und ZDF in der hitzig geführten Debatte verwenden soll - oder eben auch nicht. Begriffe wie Zwangsgebühren, Staatsfunk und Quotenfixierung sind demnach tabu, man solle lieber von einem "gesellschaftlichen Miteinander" sprechen. Das Gutachten, aus dem unter anderem die "Welt" zuerst umfassend zitiert hat, stammt vom Berkeley International Framing Institute von der Sprachforscherin Elisabeth Wehling. Diese beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit dem Framing, also dem Nutzen ganz bestimmter Wörter und Begriffe, durch die unterschwellig Meinungen transportiert werden. Man gibt in der Diskussion so einen Rahmen vor und stellt im besten Fall sicher, dass sich auch Gegner in diesem Rahmen bewegen.
So heißt es in dem Gutachten unter anderem, man muss sich in der Diskussion immer auf moralische Argumente beziehen. "Denken und sprechen Sie nicht primär in Form von Faktenlisten und einzelnen Details", so Wehling. Durch den Fokus auf moralische Argumente, und weniger auf einzelne konkrete Bereiche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, könne man sich sehr gut von den Gegnern des Systems unterscheiden. Außerdem heißt es in dem Manual natürlich auch: Nutzen Sie nie den Frame Ihrer Gegner. Wenn man sich da erst einmal drauf einlässt, hat man in der Diskussion meist schon verloren.
Das Framing-Gutachten wird derzeit sehr intensiv diskutiert, auch außerhalb der ARD. Kritiker werfen dem Senderverbund vor, gar nicht an einer inhaltlichen Diskussion interessiert zu sein, sondern durch Framing zu versuchen, die Debatte sprachlich zu manipulieren. Das machen die Gegner von ARD und ZDF freilich schon seit Jahren - siehe "Zwangsgebühren". Bei der ARD selbst heißt es, das Gutachten sei nicht so sehr als "Manual", also Bedienungsanleitung, zu verstehen, sondern als interne Diskussionsgrundlage.
ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab stellt in einem Interview mit "Meedia" klar, dass die ARD-Mitarbeiter auch künftig das sagen dürfen, was sie denken. "Die Ausführungen von Frau Dr. Wehling nutzen wir dazu, um uns klarer zu werden, was Sprache bewirken kann. Framing ist etwas, das unser Gehirn laufend selbst tut, denn Sprache funktioniert nur in Bildern. Um diesen Prozess besser zu verstehen, haben wir die Sprachforscherin Elisabeth Wehling gebeten, aus wissenschaftlicher Sicht zu analysieren, wie Dritte über uns reden und wie wir selbst über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommunizieren." Es gebe viele gute Argumente für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so Pfab weiter. Dennoch frage man sich, wieso diese inzwischen nicht mehr so oft gehört würden.
Spannend ist das Gutachten vor allem auch im Hinblick auf die privaten Medien - in dem Bericht ist unter anderem von "profitwirtschaftlichen Sendern", "medienkapitalistischen Heuschrecken" oder "Kommerzsendern" die Rede - das ist Framing im besten Sinne. Verglichen mit diesen Bezeichnungen hat Hans Demmel, Chef von n-tv und Vorstandsvorsitzender des Privatsenderverbands VAUNET, noch sehr gelassen reagiert. Dennoch wundert sich Demmel über das Gutachten: "Die ARD sollte es eigentlich können: Auch in eigener Sache überzeugend zu kommunizieren. Unter dem Vorsitz eines früheren Regierungssprechers sollten die Anstalten nicht nur das Weltgeschehen, sondern auch ihre eigenen Belange überzeugend auf den Punkt und 'rüber' bringen. Das nun ausregerechnet die wortgewaltige ARD mit Beitragsgeldern Nachhilfeunterricht nimmt, wie sie ihre eigenen Botschaften richtig ‘framen’ kann, mutet schon mehr als kurios an."