Es hat lange genug gedauert bis die Branche erst einmal verstanden hat, was Zattoo eigentlich ist. Inzwischen hat sich rund um den Pionier unter den Streaming-Diensten für lineare Fernsehprogramme ein Markt etabliert, der sich allerdings binnen weniger Jahre stark verlagert hat, wie Jörg Meyer, Chief Officer Content and Consumer bei Zattoo am Montag in Berlin betont. Einst als via Computer nutzbares TV-Angebot gestartet, surfte Zattoo wie auch andere Marktteilnehmer dann auf der Welle des mobilen Konsums. Inzwischen jedoch spielt das heimische Wohnzimmer die größte Rolle, weil Streaming auch dank neuer SVoD-Anbieter aus den USA, sich längst aus der nerdigen Nische in den Mainstream bewegt hat.
Die Folgen für Zattoo wie auch andere Streaming-Anbieter sind enorm: Sie verstehen und vermarkten sich nicht mehr als ergänzendes Angebot sondern wollen der Haupt-TV-Provider in den Haushalten werden. Fernsehen via App sei einfacher, erklärte Zattoo-Manager Meyer schon vor einigen Monaten im DWDL.de-Interview. Eine Erkenntnis, die auch die Deutsche Telekom im Oktober zum Start eines neuen eigenständigen OTT-Angebots bewegt. Kein Zufall also, dass Zattoo im Vorfeld einmal einen Ausblick auf die eigenen Entwicklungen gibt, die in den kommenden Monaten einerseits Nutzer aber auch Werbekunden von Zattoo überzeugen sollen. Es sind genau genommen vier Themen, die der ursprünglich aus der Schweiz kommende Anbieter in den Fokus stellt: 4K, Recommender, Dynamic Ad Insertion und Voice Control.
Ultra HD oder eben 4K, oft als Synonym füreinander benutzt, soll noch vor Jahresende auch bei Zattoo Realität werden: Man teste derzeit UHD-Inhalte, so zum Beispiel für den Schweizer B2B-Kunden Salt (Mobilfunk- und Festnetzbetreiber). Dort soll es im Oktober los gehen. Im B2C-Bereich, also fürs eigene Produkt unter der Marke Zattoo, sei man mit TV-Sendern im Gespräch und plane die Aufschaltung eines UHD-Senders bis zum Ende des Jahres. Diese werden zunächst über die Zattoo-Apps für Apple TV und Amazon Fire für Kunden mit Zattoo Ultimate-Abo verfügbar sein. Nähere Angaben zu möglichen Partnerschaften bzw. Inhalten machte Zattoo dazu am Montag noch nicht. Zeitgleich mit der Einführung von UHD wird Zattoo auch den Video-Codec HEVC/H265 einführen.
Für Premium-Kunden von Zatto schon ab sofort verfügbar ist ein anderes Feature: Der Recommender. Ziel sei es, das Finden von TV-Sendungen, die den Interessen des Nutzers entsprechen, zu vereinfachen. Dabei werden die Programm-Tipps an die unterschiedlichen Sehgewohnheiten und TV-Routinen angepasst. Statt sich nur daran zu orientieren, was ein Nutzer bisher geschaut hat, will Zattoo nach eigenen Angaben auch kontextbezogen empfehlen - also z.B. unterscheiden zwischen dem, was sich Nutzer tagsüber unterwegs oder was zuhause auf dem Smart TV angeschaut wurde. Der komplette Roll-Out dieser kontextabhängigen Empfehlungen des Recommenders erfolgt nach und nach und soll im 1. Quartal 2019 geplant.
Die Steuerung von Zattoo soll künftig durch direkte Integration in die Sprachassistenten von Amazon und Google noch intuitiver werden. Alexa und Google Home sollen Kommandos wie “schalte um auf ZDF” oder “schalte auf den nächsten/vorherigen Kanal” verstehen können und auch Befehle wie “öffne Zattoo” oder “spule 5 Minuten vor/zurück” unterstützen. Ziel der Bemühungen ist es, dass Nutzer keinen Skill mehr installieren und starten müssen oder auf festgelegte Sprachbefehle beschränkt sind. Der Google Sprachassistent für die TV-Steuerung via Zattoo wird auf allen Geräten verfügbar sein, auf denen er vorinstalliert ist. Bei Alexa wird die TV-Steuerung via Zattoo zunächst nur für Fire TV-Geräte verfügbar sein. Allerdings mahnt Zattoo auch, dass der Erfolg dieser theoretisch intuitiven Steuerung auch von den Sendern abhängt. Wie treffsicher Sprachassistenten sind, liege im Wesentlichen an den Meta-Daten, die von den TV-Sendern zu den jeweiligen Sendungen hinterlegt sind. ARD und ZDF führten die WM-Spielebeispielsweise nicht unter “Fussball-Weltmeisterschaft”, sondern unter “FIFA WM 2018”.
Und letztlich will Zattoo auch den Sendern und ihren Vermarktern ein neues Werkzeug an die Hand geben: Dynamic Ad Insertion. Damit lässt sich TV-Werbung in Echtzeit in den Live-Stream einbinden. Das erzeuge eine hohe Aufmerksamkeit und reduziere Streuverluste, so das Argument von Zattoo. Das Werbevideo ist auf allen Geräten zu sehen, mit denen via Zattoo Fernsehen gestreamt werden kann - also auf Smart TVs, Tablets oder Smartphones. Für die dynamische Einbindung in den Live-Stream übermitteln die TV-Sender Marker, die den Anfang und das Ende von Werbeblöcken Ende identifizieren. So wird der framegenaue Austausch eines ganzen Werbeblocks oder eines einzelnen Spots möglich. Basierend auf einer Zielgruppensegmentierung nach z.B. Alter, Geschlecht und TV-Vorlieben lässt sich so personalisierte Werbung ausspielen. Ein Tool, das man den Vermarktern der Sender an die Hand geben will.