Die Verrohung der Sprache im Internet ist ein großes Problem unserer Zeit, die deutschen Redaktionen setzen in der Bekämpfung von Beleidigungen und Beschimpfungen auf viele unterschiedliche Strategien. Bei der Deutschen Welle streckt man nun die Waffen. Wie der Auslandssender angekündigt hat, wird die Kommentar-Funktion unter den Meinungsbeiträgen ab sofort deaktiviert.
DW-Chefredakteurin Ines Pohl erklärt: "In letzter Zeit haben die überwiegenden Beiträge ein solches Niveau erreicht, dass sie mit einem konstruktiven Meinungsaustausch nichts mehr zu tun haben. Der Diskurs wurde geprägt von persönlichen Beschimpfungen, Beleidigungen und rassistischen Äußerungen, die auf unserer Seite nichts zu suchen haben." Wie jede andere Redaktion auch sei man verpflichtet, die Kommentare zu prüfen, weil man für den Inhalt haftbar gemacht werden könne. "Die Betreuung der Texte nahm entsprechend viel Zeit in Anspruch und strapazierte das Nervenkostüm der hierfür verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteure erheblich."
Gleichzeitig spricht Pohl von einem "ungleichen Spiel". Die Chefredakteurin sagt: "Es waren immer dieselben Nutzer, die unter dem Deckmantel eines Alias-Namens unsere Kommentarfunktion für die Absonderung von Hassbotschaften nutzten. Die Anonymität im Netz zog auch bei der Deutschen Welle zunehmend Trolle an." Dennoch habe man sich mit der Entscheidung schwer getan. "Denn gerade wir, die Deutsche Welle, kämpfen ja für einen offenen, kritischen Austausch von unterschiedlichen Argumenten, für die weltweite Pressefreiheit."
Künftig will die DW die Kommentar-Funktion nur noch bei "einzelnen Artikeln" öffnen. Damit wolle man gerade den Usern entgegenkommen, die sich in den Diskussionen oft engagiert hätten und die man jetzt besonders verärgere. "Ich möchte Sie persönlich ermuntern, sich daran zu beteiligen. Grundsätzlich aber müssen wir aus besagten Gründen diese Funktion leider abschalten." Pohl verweist auf die Facebook-Seite der DW, bei der man nach wie vor alle Beiträge kommentieren kann.