Als Jörg Grabosch am Donnerstag bei der Verhandlung vor dem Kölner Landgericht erstmals das Wort ergriff, da wurde nochmal deutlich, wie sehr das Tischtuch zwischen Raab und Banijay auf der einen, und der restlichen alten Brainpool-Führung um Jörg Grabosch auf der anderen Seite zerschnitten ist. Das Ansinnen von Banijay, mit Raabs Hilfe die Mehrheit bei Brainpool zu übernehmen, bezeichnete er als "feindliche Übernahme" - und zwar gerade in dem Moment, in dem es gelungen sei, "wieder Wind in die Segel zu bekommen", nachdem Raabs plötzlicher Rückzug aus dem Fernsehen 2015 dem Unternehmen "sehr geschadet" habe, wie Grabosch sagte.
Das Tochter-Unternehmen Raab TV, an dem Stefan Raab durch den geplanten Deal nun wieder die Mehrheit bekäme, gebe es überhaupt nur noch gegen den Willen Raabs, auch viele Formate würden laut Grabosch gar nicht mehr existieren, wenn es nach Raab ginge. Aus Graboschs Worten sprach also gewissermaßen die Sicht, dass es Raab geradezu darauf angelegt hatte, seinen ursprünglichen Partner zu schaden - und als die sich wieder berappelt hatten, wolle er sie nun aus dem Unternehmen drängen. Wie Stefan Raab die Sache sieht, ist unklar - er war im Landgericht nicht zugegen. Klar schient aber: Dieses Verhältnis ist wohl nicht mehr zu kitten. Oder wie es der Richter formulierte: "Die Verhältnisse laufen auf eine Trennung hinaus." Dass Grabosch und Scheuermann vor Gericht ihre Abberufung als Geschäftsführer verhindern wollen, wäre also selbst im Erfolgsfall keine Lösung des Konflikts.
Letztlich geht es also nur darum, wie man diese Trennung vollzieht. Scheuermann und Grabosch boten zwei Einigungsmöglichkeiten an. So seien sie, ebenso wie Ralf Günther, der ebenfalls 12,5 Prozent der Anteile besitzt, bereit, ihre Brainpool-Anteile komplett an Banijay abzugeben - allerdings nur wenn Banijay dafür eine ähnliche Bewertung wie für die Anteile an Raab TV zahle, allenfalls mit einem kleineren Abschlag. Das war Banijay bislang deutlich zu viel Geld. Als Alternative brachten sei eine Aufteilung von Brainpool ins Gespräch.
So könnte Brainpool nach dem Vorschlag von Grabosch und Scheuermann in zwei Teile geteilt werden. Während Banijay künftig die Mehrheit am Produktionsgeschäft von Brainpool TV halten würde, aus dem sich Grabosch und Scheuermann operativ zurückziehen würden, sollen nach Vorstellung der beiden die Tochterfirmen, über die die einzelnen Künstler wie beispielsweise Luke Mockridge oder Carolin Kebekus an Brainpool gebunden sind, in eine neue Zwischengesellschaft überführt werden. An dieser wollen Grabosch und Scheuermann 51 Prozent der Anteile halten - und somit dort weiterhin das Sagen haben, ohne dass Banijay viel mitzureden hätte.
Dies sei für Banijay die "kostengünstigste" Lösung, pries Scheuermann das Konstrukt an, weil dann nicht viel Bargeld fließen müsste. Zudem versuchte er, noch einen anderen Trumpf zu ziehen, den man einst schon im Streit mit Viacom anführte: "Viele Künstler betrachten es mit Sorge, wenn wir beide nicht mehr da wären", so Scheuermann. Aus seiner Sicht sei es also auch im Sinne von Banijay, wenn die beiden an Bord blieben. Scheuermann bezeichnete diese Aufteilung als "Kompensation" der Tatsache, dass man sich bei der Verschmelzung von Raab TV mit Raabs Unternehmensgesellschaft Entera übervorteilt sieht.
Denn dort liegt eine der Ursachen des Streits. Aus der Sicht von Grabosch und Scheuermann passt bei den Firmen Raab TV auf der einen und Raabs Entera auf der anderen Seite die Bewertung nicht überein. Banijay, so der Vorwurf, bewerte den Wert, den die Person Raab bringt, deutlich zu hoch - was letztlich zum Nachteil von Brainpool und damit deren Minderheitsgesellschaftern ist. Beim Wörtchen "Kompensation" wurde die Gegenseite allerdings hellhörig - und bot ihrerseits als Lösungsvorschlag an, kurzerhand auf die strittige Verschmelzung von Raab TV und Entera komplett zu verzichten. Raab - der im Gericht nicht vor Ort war - würde dann künftig einfach komplett außerhalb des Brainpool-Konzerns agieren, der Grund für die geforderte "Kompensation" fiele aus Sicht der Banijay-Vertreter weg.
Grabosch und Scheuermann würden in dem Fall allerdings quasi mit leeren Händen dastehen und einer Minderheitsbeteiligung an Brainpool, die ihnen kaum etwas bringen würde. So überrumpelt blieb Grabosch und Scheuermann kaum etwas anderes übrig, als zu versichern, dass man den Vorschlag, sobald er denn im Detail vorliegt, zumindest prüfen wird. Dass Grabosch darauf eingeht und sein Lebenswerk so aus der Hand gibt, ist allerdings schwer vorstellbar.
Sollten sich die streitenden Parteien eine schnelle Lösung vor Gericht erwartet haben, dann wurden sie zumindest bei diesem Termin am Donnerstag enttäuscht. Der Vorsitzende Richter Paltzer wurde nicht müde, den Beteiligten nahezulegen, sich in Verhandlungen selbst auf eine Lösung des Konflikts zu verständigen. Selbst eine Mediation brachte er ins Gespräch. Um Druck zu erzeugen, setzte er eine sechswöchige Frist bis zum 23. August. Dann trifft man sich wieder vor Gericht, wo im Falle gescheiterter Verhandlungen dann ein Urteil gesprochen würde. Er ließ sich allerdings nicht vollends in die Karten schauen, wie ein solches Urteil aussehen könnte. Um zu einer Einigung zu kommen sei es häufig ja ganz hilfreich, wenn man nicht prognostizieren könne, wie die Kammer entscheidet, so Paltzer. Wer mit dem Schlimmsten rechne, sei eher bereit, Kompromisse einzugehen. Die Tendenz gehe in die Richtung, dass die Entlassung der Geschäftsführer wohl möglich sei, dass aber entscheidende Teile von Banijays Absichten weiter blockiert sein könnten. Letztlich droht also ein Urteil, das beide Seiten kaum zufrieden stellen würde. Gerade deswegen wolle er "Mut machen, ganz offen in die Gespräche zu gehen". Vielleicht sei dann ja sogar eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu erreichen. Man darf gespannt sein.