RTL-Chefin Anke Schäferkordt hat sich kritisch zum Umgang der Politik mit den Öffentlich-Rechtlichen geäußert. Auf die Frage des "Hamburger Abendblatts", ob sie von der Politik enttäuscht sei, antwortete sie mit einem Wort: "Maßlos." Die Politik solle Rahmenbedingungen schaffen, "die es ermöglichen, dass auch in Zukunft eine Vielfalt privater audiovisueller Anbieter überleben" könne. Zwar gebe es bereits diverse Initiativen der Privatsender, um mit den Forderungen Gehör zu finden. "Aber es gibt offenbar bislang keine Bereitschaft in der Politik, den Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen angemessen zu definieren."
Dazu gehöre, den Umfang des Gesamtangebots zu überprüfen und so zu definieren, "dass er auf seinen ursprünglichen Kern zurückgeführt wird", sagte Schäferkordt und nannte die Bereiche Information, Kultur und Bildung, die aus Ihrer Sicht im Fokus von ARD und ZDF stehen sollten. Unterhaltung solle zwar nicht komplett raus sein, "aber wenn Sie sehen, dass derzeit Modelle diskutiert werden, die durch eine Indexierung den Anstalten Budgetsicherheit gibt und es ihnen weitgehend überlässt, was sie mit diesem Geld machen, haben wir ein Problem".
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei in den letzten 20 Jahren "immer mehr in Gebiete vorgedrungen, in denen die Privaten zu Hause sind", erklärte die Chefin der Mediengruppe RTL Deutschland im "Hamburger Abendblatt". Als Beispiel nennt sie "Quizshows oder bestimmte deutsche fiktionale Unterhaltung, insbesondere Krimis" - wobei freilich festzuhalten bleibt, dass es bei ARD und ZDF bereits Krimis gab, lange bevor die Privatsender überhaupt existierten. Daneben sei es "geradezu absurd", dass die Öffentlich-Rechtlichen für Plattformen wie Facebook und YouTube produzieren dürften. "So werden die Internet-Riesen mit Beitragsgeldern gestärkt."
TV Now soll "Nummer Eins der lokalen Angebote" werden
Anke Schäferkordt stört sich aber auch daran, dass ARD und ZDF Lizenzproduktionen, die sie im europäischen Ausland einkaufen, 30 Tage kostenlos in ihre Mediatheken stellen dürfen. "Das raubt uns die Möglichkeit, ein Geschäftsmodell mit Bezahlinhalten aufzubauen." Gleichwohl will sie jedoch wie geplant das On-Demand-Portal TV Now weiter ausbauen, wenngleich Schäferkordt ganz offensichtlich schon die Hoffnung aufgegeben hat, Netflix und Amazon zu überholen. Stattdessen gibt sie sich bereits damit zufrieden, "die Nummer Eins der lokalen Angebote" zu sein. Schon das sei "ein anspruchsvolles Ziel", sagte Schäferkordt.
Dass RTL mit dem Ausbau von TV Now möglicherweise schon zu spät dran ist, glaubt sie indes nicht. "In dem Moment, in dem Nutzung auf Abruf im gesellschaftlichen Mainstream angekommen ist, werden wir mit einem starken Angebot bereits da sein", betonte Schäferkordt ungeachtet der Tatsache, dass die US-Streamingdienste schon heute Millionen Nutzer erreichen. Diese "wachsen deutlich, aber wenn wir diese Zahlen mit den mehr als 65 Millionen Zuschauern vergleichen, die wir mit unseren linearen Angeboten erreichen und den rund 33 Millionen Nutzern unserer digitalen Angebote, sind sie noch überschaubar."