Am Mittwoch und Donnerstag haben fast alle TV-Vermarkter Vertreter von Werbeagenturen und Werbekunden wieder nach Köln eingeladen. Auf den Screenforce Days präsentieren sie die Highlights der TV-Sender für die kommende Saison. Gemeinsam will man erneut das Signal senden, dass das Fernsehen das wichtigste Werbemedium ist und bleibt - und das trotz stetig fallender Reichweiten, zumindest was die lineare TV-Ausstrahlung angeht. Doch bei den Kunden, die umgarnt werden sollen, regt sich im Vorfeld schonmal deutliche Kritik. Die Organisation der Werbungtreibenden im Markenverband hat sich daher nun im Vorfeld zu Wort gemeldet, um "den Finger in die Wunde" zu legen, wie es in dem Schreiben heißt - und dazu einen siebenteiligen Forderungskatalog aufgestellt.

Unter anderem heißt es darin unter der Überschrift "Privat-TV muss um seine Zuschauer kämpfen", dass die Sender angesichts der steigenden Konkurrenz durch Streaming-Anbieter "ihr Engagement zur Bekämpfung des Reichweitenverlustes durch nachhaltige Markenpositionierung und die Stärkung ihres Programmangebots im Wettbewerb" erhöhen sollen. Schließlich gebe es sehr wohl Beispiele, wie man sich auch in einem kleinteiligeren Umfeld behaupten könne. Sprich: Man erwartet mehr Investitionen in besseres Programm.

Keine Option sei es jedenfalls auf Dauer, schlicht mit einer Anhebung der Brutto-Spotpreise die sinkenden Reichweiten auszugleichen. Der OWM benutzt hier das Wort "Hyperinflationierung". So habe sich die Preisentwicklung für Spots komplett von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt. Damit verspiele das lineare Fernsehen seinen USP in Sachen Investitionssicherheit. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Sender bei sehr stark unter den Erwartungen liegenden Quoten das Leistungsdefizit zuletzt häufig nicht mehr ausgeglichen hätten. Den Vermarktern schreiben die Werbungtreibenden zudem auch ins Klassenbuch, dass sie Kampagnen künftig auf Einzelspot-Basis abrechnen sollen und nicht mehr auf Basis von Blockreichweiten. Zudem müssten im Bereich Addressable TV, der als Zukunftsmarkt gesehen wird, vermarkterübergreifende, einheitliche Standards geschaffen werden.

Besonders hart geht die OWM zudem mit der Reichweitenmessung ins Gericht. Das betrifft zum Einen die Tatsache, dass die Sender zwar bei sinkenden TV-Reichweiten gerne auf Online-Abrufe verweisen, die Messbarkeit dieser Angebote sei aber bisher "stark eingeschränkt" oder nur über ungeeignete Schnittstellen möglich. Äußerst unzufrieden zeigt man sich aber auch mit der klassischen TV-Quotenmessung der AGF. "Gravierende Pannen von beauftragten Dienstleistern, ungenügende Qualitätssicherung, Zuordnungsfehler sowie die zu niedrigen Fallzahlen im AGF-Panel schwächen das Ansehen der AGF", heißt es seitens der OWM. "Die zunehmende Fragmentierung des Bewegtbildmarktes kann mit der seit über 20 Jahren unveränderten Panelmasse nicht mehr ausreichend abgebildet werden. Die AGF muss die Aufstockung ihres Panels deutlich vorantreiben".

Tatsächlich besteht das Panel, aus dem die TV-Nutzung von über 75 Millionen Personen hochgerechnet wird, nur aus 5.000 täglich berichtenden Haushalten mit knapp 10.000 Personen. Das mag in einer Zeit weniger größerer Sender ausgereicht haben, für kleinere Angebote ergeben sich häufig Schwankungen von Tag zu Tag, die kaum ernst zu nehmen sind, wie auch viele Sendervertreter und Vermarkter unter der Hand einräumen. Gegen eine solche Vergrößerung des Panels sträubt sich die AGF und die sie finanzierenden Sender aber angesichts der Kosten. "Wir evaluieren stattdessen, wie wir mit Zensus-Daten oder Daten aus dem Bereich gemessener Nutzung die Panel-Daten anreichern können", erklärte AGF-Geschäftsführer Willibald Müller im Frühjahr 2017 gegenüber DWDL.de. Doch die Mühlen der AGF mahlen bekanntlich langsam.

 

 

Uwe Storch, stellvertretender OWM-Vorsitzender: " Nach wie vor sind die Nettoreichweiten des werbefinanzierten Privatfernsehens im Sinkflug, die Werbeblöcke verlieren kontinuierlich an Leistung. Die Zuverlässigkeit von TV als wichtigstes Reichweitenmedium nimmt immer weiter ab, während die Kosten für die werbenden Unternehmen deutlich steigen. Damit sinken Effektivität sowie Effizienz der für Werbetreibende nach wie vor sehr wichtige Gattung TV. Wir erwarten von den TV-Anbietern, dass sie sich mit aller Kraft den Herausforderungen stellen und zukunftsorientierte Lösungen zu liefern."