Die im TV schon lange etablierte Marke Toggo bekam 2016 eine eigene Video-App und erst im März auch eine Spiele-App. "Letztere stärken wir ab sofort mit der ersten Marketing-Kampagne. Da geht es jetzt also erst richtig los", sagt Bolz im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Ebenfalls Anfang des Jahres wurde eine Toggolino-Video-App für die noch Jüngeren gestartet. „Der Bedarf dafür war enorm, weil Eltern vermehrt den Wunsch geäußert hatten, gerade für die Jüngsten ein sicheres Umfeld zu schaffen, von dem sie wissen, was ihre Kinder dort erwartet“, erklärt er.
Geschäftsführer Claude Schmit: „Da wir bereits die Toggo-Video-App hatten, konnten wir das Angebot schnell und kosteneffizient auf die Beine stellen.“ Es wird aber bereits parallel an einem umfassenden Update der Toggolino-Video-App gearbeitet, die das Angebot zu einer App mit Freemium-Modell machen soll - also kostenlosen Bereich zum Einstieg, mit der Möglichkeit für Eltern dann die ganze App freizuschalten. Interessante Randnotiz von Digitalchef Bolz: „Android ist im Kindermarkt viel wichtiger als iOS, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass Apple-Geräte viel teurer sind. Selbst in Familien, in denen vielleicht die Eltern ein Apple-Gerät besitzen, werden für die Kinder häufig günstigere Android-Geräte angeschafft.“
Der Content für die klassischen Programm-Apps "kommt weiterhin einerseits klassisch über gezielten Programmeinkauf, aber zusätzlich öffnen wir uns für non-exklusive Brands wie Pokemon oder Ninjago", erklärt Bolz. "Zudem haben wir hier im Haus ein eigenes Studio eingerichtet, in dem wir Web-Content produzieren. Dafür haben wir ein eigenes Team um Arne Fleckenstein aufgebaut und arbeiten intensiv auch mit dem YouTube-Universum daran, Ideen für unsere Zielgruppe umzusetzen. Das ist für viele Kunden spannend, denn die YouTube-Stars sprechen in der Regel ältere Kinder an.“
"Wir wollen bei YouTube unsere Rechte besser schützen und selber aktiver und koordiniert Inhalte anbieten"
Boris Bolz, Chief Digital & Marketing Officer bei Super RTL
Stichwort YouTube: Auch hierfür wurde eine neue Abteilung gegründet, die nun von Robert Wolff aufgebaut wird. „Wir sehen die hohe Nutzung bei Kindern, wobei nicht die Plattform an sich die eigentliche Konkurrenz ist, sondern eher einzelne Kanäle. Wir wollen dort unsere Rechte besser schützen und selber aktiver und koordiniert Inhalte anbieten“, erklärt Bolz. Im Hause Super RTL sorgt die App-Offensive aber für mehr als nur den Einbau eines Studios.
„Mehr als die Hälfte unserer Mitarbeiter sind operativ am Umbau des Geschäfts und Aufbau neuer Angebote beteiligt. Der Wandel von Super RTL ist intern noch weit größer als das, was nach außen hin sichtbar ist“, sagt Geschäftsführer Schmit und bringt ein vermeintlich banales Beispiel: „Unser Programmdirektor Carsten Göttel und Boris Bolz sitzen sich jetzt hier bei mir auf dem Flur gegenüber und können sich so direkt miteinander austauschen. Das sind kleine Details, die aber enorm wichtig sind, damit nicht jeder seinen Bereich autark plant.“
An einem weiteren Beispiel verdeutlich Boris Bolz das neue Denken im Haus: „Bislang mussten die Kollegen aus dem digitalen Bereich immer nachfragen, welche Inhalte sie bekommen können. Jetzt sagen sie, was sie brauchen. Klingt banal, ist aber ein Schalter, den wir in den Köpfen umgelegt haben. Unsere Apps sind keine Verlängerung des Programms. Sie sind ein ebenso wichtiger Ausspielweg wie das lineare TV.“ Bislang setzt Super RTL bei der Programmierung der neuen App-Offensive auf externe Partner. Sollte sich der neue Kurs bewähren, stellt Geschäftsführer Schmit aber auch ein Investment in Aussicht.
„Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir eine eigene App Factory gründen oder zukaufen. Aber zunächst sammeln wir jede Menge Erfahrungen und knüpfen dank der Vielzahl von Projekten wertvolle Kontakte“, sagt er im DWDL.de-Gespräch. Sein Digitalchef pflichtet ihm bei: „Ausprobieren, scheitern, lernen - das ist in den USA eine Selbstverständlichkeit, aber in Deutschland oft ein Makel. Deswegen fangen viele lieber erst gar nicht an. Wir werden mit einem breiten Spektrum an Angeboten in den Markt gehen und wissen, dass davon nicht alle bleiben werden. Aber Erkenntnisse können auch ein Gewinn sein.“
"Diesmal wird der Werbemarkt folgen"
Super RTL-Geschäftsführer Claude Schmit
Die neue Offensive kommt nachdem es lange Zeit ruhiger war um die Digitalaktivitäten von Super RTL. Dabei war man einst schon vor 16 Jahren früh dran mit der Entwicklung kostenpflichtiger Online-Angebote. „Wir verdienen beispielsweise mit dem Toggolino-Club noch heute gutes Geld. Damit waren wir 2002 First Mover im Digitalbereich. Wir hatten natürlich gehofft, dass der Werbemarkt schneller ins Netz folgen würde. Das tat er damals nicht. Vielleicht waren wir mit den Ideen etwas zu früh“, erklärt Super-RTL-Geschäftsführer Claude Schmit. Dass es zwischenzeitlich ruhiger wurde um die digitalen Aktivitäten hat auch einen Grund: „Der Disney Channel kam in den Markt, so dass wir unsere kreative Energie darauf konzentriert haben, unser Kerngeschäft im TV abzusichern.“
Diesmal komme man zur richtigen Zeit, da ist sich Digital-Chef Bolz sicher: „Auf Seiten der Werbetreibenden gab es vor zehn Jahren noch keinen Bedarf, sich mit neuen Modellen zu beschäftigen. Von dem heute allgegenwärtigen Thema der fragmentierten Mediennutzung war damals noch gar nicht die Rede. Es gab keinen Druck, sich mit neuen Dingen zu befassen.“ Das habe sich radikal geändert. Geschäftsführer Claude Schmit ergänzt: „Diesmal wird der Werbemarkt folgen. Wir haben den Rückenwind einer breiten Akzeptanz von Online-Angeboten und besseres Verständnis der Werbekunden, dass das Netz maßgeblicher Teil eines jeden Mediaplans geworden ist. Das ist anders als damals bei unserem ersten Vorstoß ins Netz.“