Vor drei Wochen haben das Nachrichtenmagazin "Stern" und das Recherchebüro Correctiv einen Fall von sexueller Belästigung im WDR öffentlich gemacht. Seitdem prasselten viele weitere Vorwürfe auf den Sender ein, inzwischen gibt es schon mehr als eine Hand voll Mitarbeiter, die unter Verdacht stehen, ihre Position im Unternehmen ausgenutzt zu haben. In der Belegschaft regt sich nun Widerstand gegen das bisherige Krisenmanagement des Senders, der WDR äußert sich mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz der betroffenen Mitarbeiter bislang meist nur sehr vage.


Nun berichten "Stern" und Correctiv von einem internen Brief, den 70 NRW-Reporter der Programmgruppe Aktuell verfasst haben. Darin drücken sie ihre "tiefe Sorge um den WDR, für den in diesen Tagen großer Schaden entsteht" aus. Statt mit maximal möglicher Transparenz darzulegen, was geschah und was der Sender unternommen hat, als die Vorwürfe erstmals bekannt wurden, und was er nun unternimmt, schweige das Haus oder äußere sich nur allgemein und mit Verweis auf arbeitsrechtliche Beschränkungen ausweichend. "Auf diese Weise wird der Eindruck in Kauf genommen, dass etwas vertuscht werden soll oder beteiligte Personen geschützt werden sollen." Inzwischen haben auch Mitarbeiter aus anderen Abteilungen den Brief unterschrieben.

Die WDR-Journalisten befürchten, dass sie selbst künftig in ihrer Arbeit beeinträchtigt werden. "Wie sollen wir künftig über den Splitter im Auge des anderen berichten, wenn in unserem ein Balken steckt?", fragen sie in dem Brief und wenden sich dann direkt an WDR-Intendant Tom Buhrow. "Wenn wir nun durch Zögerlichkeit, Verschleppung und Intransparenz in eigener Sache versagen, geben wir unseren Wesenskern auf und werden Glaubwürdigkeit und Vertrauen verlieren." Buhrow solle Fakten liefern und Konsequenzen ziehen, wenn diese nötig sein sollten. Inzwischen hat auch die WDR-Redakteursvertretung Buhrow geschrieben und ihn zur "notwendigen Selbstkritik" aufgerufen. Immer mehr Kollegen würden "persönliche Nachteile fürchten", wenn sie Kritik äußern. Es fehle ein Klima des Vertrauens.

Unterstützung erhält Tom Buhrow gleichzeitig von Ludwig Jörder, der Vorsitzender des WDR-Verwaltungsrates ist. Er sagt gegenüber dem "Stern" über das Krisenmanagement des Intendanten: "Ich wüsste nicht, was er sonst noch machen sollte."