Nach vielen Attacken auf den ORF Anfang des Jahres hatte sich die österreichische FPÖ zuletzt etwas zurückgehalten, doch damit ist nun offenbar Schluss. Norbert Steger, FPÖ-Mitglied im ORF-Stiftungsrat, hat nun in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" angekündigt, dass die Bestellung der Senderchefs von ORF eins und ORF 2 dazu genutzt werden müsse, um "Schritte in eine objektivere Berichterstattung" zu setzen. In dem Interview feuerte Steger vor allem gegen die ORF-Korrespondenten.
"Auch von den Auslandskorrespondenten werden wir ein Drittel streichen, wenn diese sich nicht korrekt verhalten", so Steger, der als Beispiel die ORF-Berichterstattung zur Ungarn-Wahl nannte. Diese sei "einseitig" verlaufen, so Steger. Die Sätze Stegers lassen vor allem deshalb aufhorchen, weil er als neuer Stiftungsratsvorsitzender im Gespräch ist. Der Stiftungsrat ist das höchste Aufsichtsgremium des ORF und wählt unter anderem den Generaldirektor. Steger will außerdem eine neue Social-Media-Richtlinie für Redakteure. "Wer dagegen verstößt, wird zunächst verwarnt - und dann entlassen."
ORF-Chef Alexander Wrabetz reagierte äußerst trocken auf die neuerlichen Angriffe der FPÖ. Am Wochenende twitterte er bereits, dass er den Vertrag mit dem kritisierten Ungarn-Korrespondenten, Ernst Gelegs, bis 2021 verlängert habe. Wrabetz lobte dabei die "ausgezeichnete Berichterstattung zur ungarischen Wahl". In einer Stellungnahme des ORF sagte er wenig später, die 16 Korrespondentenbüros seien "unverzichtbar und vom Publikum hochgeschätzte Säulen der ORF-Information". Deshalb wolle man das Netz bis 2020 auch um zwei weitere Standorte ausbauen.
"Die Äußerungen von Dr. Steger, er wolle das Korrespondentennetz und damit die internationale Berichterstattung des ORF massiv schwächen und missliebige Korrespondenten ablösen, ist auf das Entschiedenste zurückzuweisen", so Wrabetz. Die Besetzung des Korrespondentennetzes des ORF sei weder die Sache der Regierung noch die des Stiftungsrates. "Die Berichterstattung der ORF-Korrespondentinnen und -Korrespondenten hat ausschließlich nach journalistischen Kriterien im Interesse des Publikums zu erfolgen. Sie berichten höchstqualifiziert unter teilweise schwierigen Bedingungen von den Brennpunkte n des Weltgeschehens, werden dies auch weiter tun und vom gesamten Unternehmen bestmöglich unterstützt werden."