Der WDR steht weiter in der Kritik: Am Mittwoch legte die "Bild" im aktuellen Fall der sexuellen Belästigung durch einen Korrespondenten nach und berichtete, dass es bereits in den 90er Jahren einen weiteren Fall gegeben habe, der auch an den damals Vorgesetzten des Korrespondenten gemeldet wurde. "Der hat uns nur gesagt, wir sollten Ruhe geben und das nicht an die große Glocke hängen", so das mutmaßliche Opfer in der "Bild". Nun hat sich WDR-Intendant Tom Buhrow in einem Interview mit der dpa zu Wort gemeldet und Stellung bezogen.
"Unser klares Signal ist nicht erst jetzt: Wir dulden sexuelle Nötigung und Missbrauch nicht", sagt der WDR-Chef in dem Interview. Jedoch sei es so, dass erst durch die Veröffentlichungen in den vergangenen Tagen das Bewusstsein für entsprechende Vorfälle geschärft worden sei. "Ich begrüße es sehr, wenn jetzt Kolleginnen oder ehemalige Kolleginnen kommen, die sich vorher zurückgehalten haben, und Hinweise geben. Denn erst dann können wir handeln." WDR-Chefredakteurin Sonia Mikich, die dem aktuellen Fall selbst nachging, wehrte sich zuletzt gegenüber "Spiegel Online" gegen die Kritik, man habe den Mitarbeiter nicht entlassen, sondern nur einen Eintrag in dessen Personalakte vorgenommen. "Das Verhalten des betreffenden Kollegen hatte Konsequenzen und hat nach wie vor welche", sagte sie vor wenigen Tagen. Kurz darauf wurde der Mitarbeiter doch freigestellt, weil weitere Vorwürfe bekannt wurden.
Seit drei Jahren hat der WDR ein Interventionsteam, an das sich betroffene Mitarbeiter/innen wenden können. Die Fälle, die dort gemeldet wurden, seien auch verfolgt worden, sagt Buhrow jetzt - "bis an die Grenze dessen, was arbeitsrechtlich möglich war". Buhrow sagt aber auch: "Allerdings habe ich festgestellt, dass viele Kolleginnen und Kollegen von der Existenz dieses Ausschusses zu wenig wissen, und deshalb informieren wir gerade nochmal breit darüber." Man dulde keine sexuelle Belästigung, unterstreicht Buhrow. "Aber wir müssen natürlich konkrete Hinweise bekommen."