Als Sat.1 im vergangenen Jahr die Produktion von „Start Up! Wer wird Deutschland bester Gründer?“ mit Carsten Maschmeyer ankündigte, wurden naheliegenderweise Parallelen zu „Die Höhel der Löwen“ erwartet. Das kam nicht von ungefähr: Die neue Sat.1-Show wird ebenso wie der Vox-Erfolg von Sony Pictures produziert. Doch die erste Folge des neuen Formats widerlegt die Befürchtung: „Start Up“ hat eine eigene Handschrift, die sich mit den von Carsten Maschmeyer mehr als einmal bemühten „Person vor Produkt“ passend zusammenfassen lässt.
Wo die Vox-Sendung von der Faszination für die vorgestellten Produkte und das Taktieren zwischen Gründern und Investoren lebt, erzählt „Start Up“ über acht Wochen die Heldenreise der anfangs 14 Gründer. Lassen Sie sich nicht von der ersten Stunde täuschen, in der das Setup der ersten Auswahlrunde noch ein wenig an „Die Höhle der Löwen“ erinnert. Es folgt eine erprobte Reality-TV-Dramaturgie oder wie Carsten Maschmeyer es beim Presse-Dinner zum Sat.1-Neustart formuliert: „Wir sind beim Fernsehen, also fliegt jede Woche jemand raus.“
Deswegen hat „Start Up“ - vom Anfang der ersten Folge abgesehen - nur wenig mit „Die Höhle der Löwen“ gemein, dafür aber umso mehr mit „The Apprentice“. 14 Staffeln lang hat der heutige US-Präsident Donald Trump bei NBC nach neuen Führungskräften für sein Firmenimperium gesucht. Das Format war anfangs ein enormer Zuschauererfolg in den USA, so dass es in Deutschland 2004 gleich zweimal adaptiert wurde, allerdings erfolglos. Inoffiziell von John de Mol, dessen „Hire & Fire“ von ProSieben nach einem katastrophalem Start binnen 24 Stunden aus dem Programm genommen wurde, und offiziell von RTL, die Rainer Calmund zum „Big Boss“ machten.
Sowohl Sat.1 als auch Sony Pictures weisen den Vergleich mit „The Apprentice“ von sich. Man könnte „Start Up! Wer wird Deutschland bester Gründer“ aber als eine dem Zeitgeist folgende Weiterentwicklung bezeichnen. Maschmeyer sucht nicht wie Trump einen Manager für die eigenen Unternehmen, sondern jemanden, mit dem er eine Firma gründen wird. Den bis auf die finale Unterschrift ausgefüllten Scheck über eine Million Euro Startkapital erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten in der ersten Folge kamerawirksam von Maschmeyer überreicht. Nur ein Scheck wird am Ende der Staffel - und da lässt „The Apprentice“ wieder grüßen - im Flugzeug-Hangar neben dem schon zum Einstieg bereitstehenden Privatjet von Maschmeyer unterschrieben.
Immer wieder finden sich Parallelen zum US-Format: Neben einer persönlichen Challenge, die sich um die Gründer und ihre Ideen dreht, kommt es in jeder Folge auch zur Team-Challenge. In der XXL-Auftaktfolge, die Sat.1 mutigerweise bis 23.35 Uhr laufen lässt, geht es um eine Sightseeing-Tour in Berlin. Welches der beiden Teams kann mit etwas Startkapital und bereitgestelltem Bus mehr Geld verdienen? Es sind diese erprobten Bausteine, bei denen "Start Up" spannend und sehr unterhaltsam ist. Witzig nur: Genau diese Sightseeing-Challenge wurde bereits mehrfach in der englischen Version sowie im amerikanischen Original von „The Apprentice“ umgesetzt. Zufälle gibt es.
So wie Donald Trump hat auch Carsten Maschmeyer in der Sendung übrigens Berater um sich: Junique-Gründerin Lea Lange und Dr. Klaus Schieble („Ich bin die rechte Hand von Herrn Maschmeyer“) verfolgen die Leistungen der Kandidaten in den Challenges, berichten an Maschmeyer und geben ihr Urteil weiter. Das Quartett von „Start Up“ wird durch Persönlichkeits-Coach Matthew Mockridge komplettiert. Am Ende jeder Folge werden dann alle verbliebenen Kandidaten nacheinander zu Maschmeyer ins Büro gebeten. Einer hört dann den Satz „Mit Ihnen werde ich keine Firma gründen.“
Statt dem dramatischen Showdown und Trumps legendärem „You’re fired“ zeigt sich hier bei den Einzelanalysen die kluge Weiterentwicklung des Formats mit mehr Einfühlungsvermögen und Erläuterung - sowohl für die Kandidaten als auch die Zuschauer. Alle sollen etwas mitnehmen können, betonte Maschmeyer auch mehrfach bei der Vorstellung des Formats in einem Berliner Restaurant: "Wir geben Gründerkunde für ein Milionenpublikum." Man könnte sagen: Wurde „The Apprentice“ für den amerikanischen Turbo-Kapitalismus gemacht, dann ist „Start Up“ für die soziale Marktwirtschaft gemacht. Maschmeyer will menscheln, was ihm jedoch nicht ganz so gut liegt wie das klarere Handeln im eigenen Interesse bei „Die Höhle der Löwen.“
„Start Up! Wer wird Deutschland bester Gründer?“ könnte dank einer erprobter Dramaturgie, interessanten Challenges sowie einem sehr heterogenen Teilnehmerfeld sehr unterhaltsam werden. Inspiriert aus den USA, aber so in Deutschland noch nicht gesehen. Mit einer bis 23.35 Uhr programmierten Auftaktfolge strapaziert Sat.1 sein Glück gleich zu Beginn allerdings sehr. Hinten heraus kann man nur dann Quote machen, wenn man von vornherein genügend Menschen begeistert. Und ob Maschmeyer, der hier weitaus stärker im Zentrum steht als bei „Die Höhle der Löwen“, ein Zuschauermagnet ist, bleibt abzuwarten.
Sat.1 zeigt "Start Up! Wer wird Deutschlands bester Gründer" mittwochs um 20:15 Uhr.