Mit 71,6 Prozent haben die Schweizer am Sonntag gegen eine Abschaffung der Rundfunkgebühren gestimmt (DWDL.de berichtete). Bei der SRG wird man angesichts dieses Ergebnisses erst einmal aufgeatmet haben. Wäre die "No Billag"-Initiative angenommen worden, hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk womöglich zerschlagen werden müssen. Dennoch ist auch der SRG-Führungsetage klar, dass sich nach dem überraschend klaren Votum der Schweizer etwas ändern muss. SRG-Generaldirektor Gilles Marchand hat daher noch am Sonntag ein umfassendes Reformpaket angekündigt.

Aufgrund der anstehenden Gebührensenkung von jetzt 451 auf dann 365 Franken im kommenden Jahr und der sinkenden Werbeerlöse des Senders hat Marchand einen "Effizienzsteigerungs- und Reinvestitionsplan" angekündigt. Durch diesen sollen 100 Millionen Euro eingespart werden. Gespart werden soll in den Bereichen Technik, Verwaltung, Infrastruktur und bei den Immobilien, den Produktionsprozessen und in der Distribution. Es soll auch einen Stellenabbau geben, wie hoch dieser ausfallen wird, hat Marchand allerdings noch nicht konkretisiert. Bereits vor Monaten hatte die SRG bereits ein erstes Sparpaket in Höhe von mindestens 50 Millionen Franken angekündigt.

Künftig sollen zudem 50 Prozent der Gebühreneinnahmen in die Information fließen, 2016 waren es nur 39 Prozent. Die Gebühren-Befürworter argumentierten zuletzt immer wieder mit dem viersprachigen Informationsangebot der SRG, das so am freien Markt wohl nicht zu refinanzieren wäre. Dieser Bereich soll künftig gestärkt werden, etwa durch ein digitales, mehrsprachiges Angebot, auf dem alle SRG-Produktionen zu finden sind - mit entsprechender Übersetzung. Außerdem hat Marchand verstärkte Investitionen in heimische Kulturproduktionen im Bereich Film und Serie angekündigt.

Keine Unterbrecherwerbung bei Primetime-Filmen

Um sich vor den Zuschauern schnell von der privaten Konkurrenz abzugrenzen, hat die SRG zudem eine weitere Veränderung angekündigt. So soll es künftig bei den Spielfilmen in der Primetime keine Unterbrecherwerbung mehr geben. Hier geht das Unternehmen einen ähnlichen Weg wie ARD, ZDF und ORF, die das ebenfalls so handhaben. Der SRG würden damit laut Marchand rund zehn Millionen Franken pro Jahr entgehen. Und auch auf die Verleger macht der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Schritt zu: In Zukunft wolle man online darauf verzichten, Texte ohne eine Verbindung zu Audio- oder Video-Inhalten zu veröffentlichen. WDR-Intendant Tom Buhrow hatte vor einigen Monaten einen ähnlichen Schritt für seinen Sender angekündigt.

Darüber hinaus bekannte sich SRG-Generaldirektor Marchand zum bestehenden Verbot der Onlinewerbung, auch das Thema regionale Werbung wolle man nicht weiter verfolgen, selbst wenn das regulatorisch mal möglich gemacht würde. Außerdem will die SRG privaten Medienanbietern künftig ihre Archivinhalte zur Verfügung stellen. Und zu guter Letzt hat der Konzern auch einen nationalen Radio-Player in Aussicht gestellt, den man mit den privaten Sendern aufbauen will, um den Schweizer Medienplatz gegen internationale Konkurrenz zu schützen.

Weitere Reformen sollen kommen

"Nach dem 4. März wird die SRG eine andere sein, als sie es jetzt ist", sagte Bakel Walden, SRG-Direktor für Entwicklung und Angebot, bereits vor einigen Tagen im Gespräch mit DWDL.de. Und es sieht ganz danach aus, als wolle man dieser Ankündigung nun auch Taten folgen lassen. SRG-Generaldirektor Marchand sprach von einem Neuanfang für das Unternehmen: "Wir sind nun aufgefordert, unser Unternehmen neuen finanziellen Rahmenbedingungen und neuen gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen. Wir wollen die Rückmeldungen aus der Gesellschaft einfließen lassen – sowohl die ermutigenden als auch die kritischen." Gleichzeitig zu den bereits angekündigten Veränderungen wolle man weitere Reformen erarbeiten, so Marchand.

SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina erklärte in einer Stellungnahme, dass der 4. März 2018 als ein "Wendepunkt in die Geschichte der SRG" eingehen werde. Cina: "Wir freuen uns über das Resultat. Uns ist aber durchaus bewusst, dass es eine Verpflichtung darstellt. Eine Verpflichtung, uns noch intensiver mit unseren Anspruchsgruppen auszutauschen und uns zu verändern. Wir nehmen sie gerne an – wobei unsere Richtschnur die Gesellschaft bleibt, die Bürgerinnen und Bürger und die Schweiz."