Aufgrund von "Differenzen in wesentlichen Fragen", so die offizielle Sprachregelung, ist Gabor Steingart seit Anfang des Monats nicht mehr Herausgeber und Geschäftsführer der Handelsblatt Media Group. In einer Abschiedsmail, die kress.de nun veröffentlicht hat, an seine Mitarbeiter sagt der ehemalige Chef nun Tschüss und kritisiert Verleger Dieter von Holtzbrinck noch einmal. Dessen "Handhabung der Presse- und Meinungsfreiheit in Sachen Martin Schulz" habe letztendlich zur Entfremdung geführt, so Steingart. Hintergrund: Steingart hatte in seinem "Morning Briefing" von einem "perfekten Mord" durch Martin Schulz an Außenminister Sigmar Gabriel geschrieben.


"Abberufung und Hausverbot: Der redaktionellen Unabhängigkeit wurde damit sicher kein Dienst erwiesen. Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Dieser Satz von Rosa Luxemburg beschreibt für mich das Grundverständnis eines liberalen Publizisten und ist daher nicht verhandelbar", so Steingart zu seinem Abschied. Durch eine Standardklausel in einem Muster-Schreiben hatte Steingart sogar kurzzeitig Hausverbot im Verlag, das wurde allerdings schnell aufgehoben.  

Gleichzeitig dankte Steingart seinen Mitarbeitern. Besonders die Chefredakteure hatten sich nach dem Abgang des Geschäftsführers ja hinter eben diesen gestellt und von einem "verheerenden Zeichen für die publizistische Unabhängigkeit, die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die Unternehmenskultur des Hauses" gewarnt. Steingart: "Diese Gradlinigkeit hat mich beeindruckt. Das Unternehmen hat zwar seinen Chef verloren, aber nicht seinen Stolz."

Steingart lobt dann auch noch einmal die Arbeit, die er und seine Mitarbeiter in den vergangenen Jahren geleistet haben. "Die Transformation vom Druck- und Verlagshaus alten Typs zum modernen Medienunternehmen ist nicht vollendet, aber gut voran gekommen." Steingart räumt auch ein, dass er diesen Kurs gerne fortgesetzt hätte. "Mein Abgang ändert nichts an der Notwendigkeit einer kraftvollen Digitalstrategie für die beiden großen Titel. Nostalgie, das haben wir oft genug gemeinsam festgestellt, ist kein Geschäftsmodell."