In der Schweiz wird oft und gerne über viele Dinge abgestimmt, in Deutschland nimmt man das teilweise mit Bewunderung, teilweise mit Befremdung zur Kenntnis. Anfang März können die Schweizer mal wieder abstimmen - und so die Medienlandschaft gehörig durcheinanderwirbeln. Am 4. März wird nämlich darüber abgestimmt, ob die Rundfunkgebühren abgeschafft werden sollen oder nicht. Die Gebühren werden in der Schweiz von der Billag AG eingetrieben, deswegen heißt die Initiative zur Abschaffung der Rundfunkgebühren "No Billag". Und deren Initiatoren trommeln seit Monaten für ihr Anliegen.


In der Schweiz soll es ab dem kommenden Jahr eigentlich eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe wie in Deutschland geben, bislang ist die Gebühr geräteabhängig. Auch diese wurde per Volksentscheid eingeführt: Im Sommer 2015 entschieden sich 50,1 Prozent der Wähler für die neue Rundfunkgebühr. Das Ergebnis war also denkbar knapp, seitdem wird in der Schweiz über eine generelle Abschaffung der Gebühren debattiert. Ende 2015 hatte die "No Billag"-Initiative dann ihre 100.000 Unterschriften zusammen, um einen Volksentscheid durchzudrücken.

Seitdem wird heftig über Pro und Contra der Initiative gestritten, vor allem in den vergangenen Tagen und Wochen gingen die Emotionen hoch. Die Befürworter der Kampagne sprechen unentwegt von "Zwangsgebühren", die man abschaffen wolle. Jeder Schweizer solle selbst entscheiden, wofür er oder sie Geld ausgebe. Die Initiatoren betonen allerdings auch, dass sich ihre Kampagne nur gegen die Gebühren, nicht aber konkret gegen die SRG (eigentlich: SRG SSR), richtet.

Inhaltlich lässt die Initiative keine Fragen offen: So soll die Bundesverfassung unter anderem dahingehend verändert werden, dass der Bund keine Radio- und Fernsehstationen "subventioniert". Auch Empfangsgebühren dürfen keine erhoben werden - auch nicht über Dritte. "Der Bund betreibt in Friedenszeiten keine eigenen Radio- und Fernsehstationen", heißt es in dem Initiativtext.

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Beim öffentlich-rechtlichen Sender verweist man auf die Wichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Angebots, die SRG betreibt Sender in vier Sprachen, die Märkte dafür sind relativ klein. Ob ein privater Sender so ein Angebot wirtschaftlich betreiben könnte, ist zweifelhaft. Außerdem sei die Medienvielfalt im Land in Gefahr und ausländische Medien würden dann den Platz der SRG einnehmen. Die SRG-Spitze hat bereits angekündigt, das Unternehmen abwickeln zu wollen, sollte die Initiative angenommen werden. Rund 75 Prozent des SRG-Budgets stammen aus den Gebühren, ohne diese würde ein großes Loch in den Kassen klaffen. Rund 6.000 Mitarbeiter stünden vor einer unsicheren Zukunft. Die Befürworter sagen: Dann wird die SRG eben privatisiert und finanziert sich über Werbung.

Auch im SRF liefen zuletzt Diskussionen mit Gegnern und Befürwortern der Kampagne. In der Sendung "Arena", einer der wichtigsten Diskussionssendungen unserer Nachbarn, standen sich die Streitparteien gegenüber, wobei der Sender gesetzlich zu Neutralität verpflichtet ist. Allerdings stehen viele Künstler, Sportler und Politiker auf der Seite der SRG. Während und nach der Sendung kam es in den sozialen Netzwerken zu hitzigen Debatten, beide Seiten wurden von der jeweils anderen bedroht. "Arena"-Moderator Jonas Projer hat mittlerweile Anzeige gegen einen unbekannten Twitter-Nutzer erstellt, der auf der Plattform Projer und dessen Familie bedrohte. Doch auch die Initiatoren sehen sich immer wieder Beleidigungen und Drohungen ausgesetzt.

Etwas unterzugehen droht in der ganzen Debatte, dass nicht nur die SRG von den Gebühren profitiert. Denn auch mehr als 30 Privatradios und regionale TV-Sender erhalten Gelder aus dem Gebührentopf, 2016 waren das 61 Millionen Franken. 1,2 Milliarden Franken, rund eine Milliarde Euro, fließen an die SRG. Die regionalen Radio- und Fernsehsender müssen dafür über aktuelle Themen in ihren Gebieten informieren. Die Gegner von "No Billag" weisen darauf hin, dass es sich dabei vor allem um Randgebiete handele. Ohne die Gebühr sei eine solche Berichterstattung nicht aufrecht zu erhalten.

Die Gebühren würden 2019 sinken

Werden die Rundfunkgebühren nicht abgeschafft, kommt es 2019 dennoch zu einer Änderung. Dann nämlich wird der jährliche Betrag pro Haushalt von jetzt 451 Franken auf dann 365 Franken sinken. Der Haken: Während die Gebühren für Privatpersonen sinken, sollen sie für Unternehmen steigen. Deshalb sind auch viele Gewerbetreibende auf Seiten der "No Billag"-Initiatoren. Derzeit sieht es aber eher danach aus, als würde die Initiative abgelehnt werden: Laut jüngsten Umfragen lagen die Gegner der Kampagne zuletzt bei rund 60 Prozent Zustimmung. Nach einer öffentlichen Ausschreibung hatte die Billag AG Anfang 2017 zudem den Auftrag zur Eintreibung der Gebühren verloren, 2019 wird die Serafe AG für die Gebühreneintreibung zuständig sein. Das Synonym "Billag Gebühr" dürfte also so oder so bald der Vergangenheit angehören. Auf welchem Weg das geschieht, entscheiden die Schweizer am 4. März.