Es ist jetzt schon die zweitgrößte Panne in der Geschichte der Quotenmessung im deutschen TV-Markt. Mindestens bis Freitag wird es noch dauern bis die GfK wieder Zahlen liefern kann. DWDL.de hat ein Stimmungsbild bei den TV-Vermarktern eingeholt. Alle hoffen, dass keine Daten verloren gegangen sind.
Die Einschaltquote wird von den Kreativen manchmal geliebt, oft gehasst. Sie ist aber darüber hinaus - unabhängig von jeder emotionalen Bewertung und Kritik - unablässlich für das Geschäftsmodell des werbefinanzierten Fernsehens. Während mancher diese Woche ohne Quoten mit Humor nehmen kann, geht es für die Werbevermarkter der deutschen Fernsehsender durchaus an die Substanz. Eine vom Medienmagazin DWDL.de durchgeführte Umfrage ergibt: Noch hält sich der Schaden und Unmut über die Situation in Grenzen. Angespannt ist die Stimmung dennoch.
Die Erwartung an die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Videoforschung (AGF) die Einschaltquoten erhebt, ist klar: Ab kommenden Freitag werden von der GfK wieder tagesaktuelle Daten erwartet. So wurde es am Montagabend von der GfK kommuniziert. Mindestens so wichtig ist die Nachlieferung der seit vergangenen Freitag fehlenden Daten. Sollten sich diese nicht rekonstruieren lassen, wäre die Branche in einer seit 1995 nicht mehr erlebten Situation. Damals führten Messfehler zur Aussetzung der Ausweisung. Drei Wochen lang gab es ein Quoten-Chaos.
„TV-Quoten sind für den Werbemarkt, was der DAX für die Finanzmärkte ist – unverzichtbar. Wir hoffen daher sehr, dass die Datenausweisung ab Freitag wieder funktioniert und dann auch die nicht ausgewiesenen Daten dem Werbemarkt zur Verfügung stehen. Zugleich muss die GfK sicherstellen, dass sich so umfassende Systemausfälle künftig nicht wiederholen“, erklärt Uwe Esser (Foto), Geschäftsleiter TV bei der ARD-Werbung Sales & Services GmbH. Ganz ähnlich äußert man sich auch bei IP Deutschland, Vermarkter der Mediengruppe RTL Deutschland. Bislang habe sich kein Kunde beschwert, auch weil man der Ankündigung der GfK vertraut, dass die fehlenden Daten nachgeliefert werden können.
Bei Sky Media ist man bislang noch vergleichsweise entspannt. „Der Ausfall führt für Sky als Abonnentensender zunächst zu keinen Komplikationen, insbesondere da wir auch über eine eigene Quotenmessung verfügen. Für kurzzeitige Ausfälle haben sie generell Verständnis – in der komplexen Welt der Quotenmessung kann das mal passieren“, erklärt Geschäftsführer Thomas Deissenberger. Sein Kollege Martin Michel ergänzt: „Das bisherige System der Quotenmessung der AGF/GfK hat sich bewährt. Natürlich muss die Messung weiter optimiert werden, gerade um künftig solche gravierenden Ausfälle zu vermeiden.“
Mehr als eine Woche möchte keiner der befragten Werbevermarkter seinen Kunden die fehlenden Leistungswerte für die geschalteten TV-Spots erklären müssen. Am Wochenende eilig installierte externe Festplatten in den Mess-Haushalten der GfK sollen die Daten der Fernsehnutzung vorerst zwischenspeichern, solange die automatische Übermittlung von den TC Score-Geräten an die GfK nicht möglich ist. Wie aufwändig das ist und ob das gelingen kann? Die Fernsehvermarkter betonen alle: Sie müssen den Aussagen der GfK Glauben schenken. „Wir können derzeit keine andere Bewertung der Situation vornehmen als die AGF und hoffen, dass die eingeleiteten Maßnahmen den erwarteten Erfolg erbringen“, teilt beispielsweise SevenOne Media auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de mit.
Alle hoffen auf den kommenden Freitag. „Problematisch wäre ein noch länger andauernder Ausfall, da dann notwendige Kampagnenanalysen nicht erfolgen könnten. Noch problematischer wäre es, wenn wir zu Beginn des kommenden Monats Auswertungen auf Basis des Monats Januar nicht anfertigen könnten“, heißt es beim ZDF-Werbefernsehen auf DWDL.de-Anfrage. „Solange wir aber im Nachgang die vollständigen Daten für Kampagnenauswertungen zur Verfügung stellen können, handelt es sich um überwindbare Probleme. Seitens des ZDF Werbefernsehens sehen wir die Messung der TV-Nutzung bei der GfK in guten Händen.“
Während die Werbefinanzierung für die Öffentlich-Rechtlichen sowie Sky nicht im Fokus steht und bei den großen Sendergruppen durch eine Vielzahl von Werbeformen im Digitalen etwas abgefedert wird, treffen die fehlenden Leistungswerte einen Einzel-TV-Vermarkter wie El Cartel Media (RTL II) unmittelbarer. „Diese Auszeit ist eine psychische Herausforderung für die ganze Branche, aber wir nehmen das sportlich. Wir hoffen die Zahlen rückwirkend zu bekommen und denken anschließend darüber nach, welche Schlüsse aus dem Vorfall zu ziehen sind“, erklärt Carlos Zamorano, Director Marketing und Kommunikation.
Über den Autor
Thomas Lückerath ist Gründer und Chefredakteur des Medienmagazins DWDL.de. Hatte schon viereckige Augen, bevor es Bingewatching gab. Liebt Serien, das Formatgeschäft und das internationale TV-Business. Ist mehr unterwegs als am Schreibtisch.
TV-Vermarkter hoffen auf Happy-End der Quoten-Panne