Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da sprach der ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzende Thomas Ebeling erstmals über einen möglichen Abschied. Als 60-Jähriger sollte man keinem Medienunternehmen mehr vorstehen, sagte er damals in einem Interview - und tatsächlich wird Ebeling das Unternehmen im kommenden Jahr mit 59 Jahren verlassen, wenn auch wohl etwas früher als ursprünglich gedacht (DWDL.de berichtete). Nun hat auch Guillaume de Posch, Jahrgang 1959, seinen Rückzug als Co-CEO der RTL Group in Aussicht gestellt und im Interview mit dem internen "Backstage"-Magazin des Unternehmens einen ganz ähnlichen Grund wie Ebeling angeführt.
"Ich denke einfach, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist - sowohl für einen Wechsel an der Spitze der RTL Group als auch für mich persönlich, damit ich mich auf neue Dinge konzentrieren kann. Wie Sie wissen, werde ich bald 60", so de Posch. Er habe dann ein neues Jahrzehnt vor sich, "in dem ich - so Gott will - mehr Zeit mit meiner Frau und meiner Familie verbringen will". Gleichzeitig möchte er sich aber auch seinen privaten Investitionen widmen, kündigte der Medienmanager an, der die Führung der RTL Group nun in die Hände von Bert Habets legen wird, der schon seit April als Co-CEO fungiert. "Bert wird die RTL Group jetzt auf die nächste Stufe führen", zeigte sich Guillaume de Posch überzeugt.
Schon zu dessen Zeit als CEO von RTL Nederland habe de Posch eng mit Habets zusammengearbeitet. "Ich habe dabei sehr genaue Einblicke erhalten, wie er denkt, wie er führt und wie er Geschäfte angeht. Schon seit einiger Zeit habe ich ihn als einen der aussichtsreichsten Kandidaten innerhalb der RTL Group gesehen, der die Führung des Konzerns übernehmen könnte", sagte der scheidende Co-CEO gegenüber "Backstage". "Natürlich war das nicht meine Entscheidung, aber glücklicherweise hat unser Verwaltungsrat das ganz ähnlich gesehen." Nun sei ein reibungsloser Führungswechsel sichergestellt, betonte de Posch.
"Die Zahlen sprechen da für sich, denke ich."
Guillaume de Posch, scheidender Co-CEO der RTL Group
Mit Blick auf die vergangenen sechs Jahre an der Spitze des Unternehmens zeigte sich der Belgier zufrieden. Zusammen mit Anke Schäferkordt es gelungen, die Geschäfte der RTL Group in die richtige Spur zu lenken. "Die Zahlen sprechen da für sich, denke ich", so de Posch. Ein weiteres wichtiges Thema sei zudem die kreative Neuausrichtung von FremantleMedia mit dem Ausbau der fiktionalen Produktionen gewesen. "Das war eher ein Marathon, sogar für einen langjährigen, strategischen Investor wie die RTL Group - und aufgrund der globalen Ausrichtung intellektuell sicher eine der spannendsten Aufgaben in den vergangenen Jahren."
Auf die Frage, welches Ereignis ihn am meisten überrascht habe, denkt Guillaume de Posch vor allem an die Entwicklung in einem osteuropäischen Land. "Vor sechs Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass wir solche Probleme in einem EU-Mitgliedsstaat bekommen würden - nämlich in Ungarn, wo quasi über Nacht eine Steuer von bis zu 50 Prozent auf unsere Werbeumsätze eingeführt wurde. Dank des Einschreitens der Europäischen Kommission sowie der Regierungen Deutschlands und Luxemburgs hat sich aber das europäische Recht durchgesetzt", sagte de Posch und würdigte zugleich die "Widerstandsfähigkeit des lokalen Managements".